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Tochter des WEF-Gründers spricht in diesem Video nicht über Klima-Lockdowns

Die Tochter von WEF-Gründer Klaus Schwab, Nicole Schwab, ist Vorstandsmitglied des Weltwirtschaftsforums (WEF). In sozialen Medien wird die Behauptung geteilt, sie habe in einem Video von kommenden „Klima-Lockdowns“ gesprochen. In dem Ausschnitt aus dem Jahr 2020, der mit der Behauptung verbreitet wird, spricht sie allerdings nicht von „Lockdowns“, sondern von der Notwendigkeit, den Naturschutz in der Wirtschaft stärker zu berücksichtigen. Die Falschbehauptungen reihen sich in andere Theorien und Narrative über das WEF ein, das vor allem für die Organisation des jährlichen Gipfels der Staats- und Regierungschefs in Davos bekannt ist. 

„Dauerhafte Klima-Lockdowns kommen – ob es Ihnen gefällt oder nicht“, heißt es in Beiträgen, die auf Facebook geteilt werden. Sie beinhalten ein Video von Nicole Schwab aus dem Jahr 2020 und Artikel, die vermeintlich aus dem Ausschnitt zitieren. Demnach soll sie angeblich sagen, dass „Klima-Lockdowns“ kommen werden. Tatsächlich spricht Schwab in dem Video nicht von derartigen Lockdowns.

Auch auf Twitter und Telegram kursiert die Behauptung, ebenso in anderen Sprachen wie Tschechisch, Englisch und Finnisch.

Twitter-Screenshot der Behauptung, aufgenommen am 17. August 2023

Der geteilte Screenshot beruht auf einem Artikel von „The People’s Voice“ vom 30. Juli 2023 ist ein Video enthalten, das Ende Juli 2023 auf der Plattform Rumble hochgeladen wurde. Das Video dient dem Text als Grundlage für die Behauptung von den angeblichen Klima-Lockdowns. Falschinformationen von „The People’s Voice“ waren bereits Gegenstand von Faktenchecks von AFP.

„Klima-Lockdowns“ werden nicht erwähnt

Das Video wurde ursprünglich im Juli 2021 von der Organisation InTent online veröffentlicht (hier archiviert). Aus der Beschreibung des Videos, das auch auf Youtube hochgeladen wurde, geht hervor, dass es in Yvorne in der Schweiz im Juni 2020 aufgenommen wurde und damit drei Jahre älter als die Beiträge mit der Behauptung ist.

Im Video spricht Nicole Schwab nicht von „Klima-Lockdowns“. Stattdessen redet sie darüber, wie Maßnahmen zur Erholung der Wirtschaft nach der Corona-Pandemie darauf abzielen sollten, eine nachhaltigere Wirtschaft zu schaffen.

„Ich sehe es als eine enorme Chance, diesen großen Neustart zu erleben und diesen riesigen Geldfluss zu nutzen – um die größeren Hebel, die den politischen Entscheidungsträgern heute zur Verfügung stehen, auf eine Art und Weise zu nutzen, wie es vorher nicht möglich war – um einen Wandel herbeizuführen, der nicht schrittweise erfolgt, sondern auf den wir zurückblicken und sagen können, dass dies der Moment war, in dem wir wirklich begonnen haben, die Natur in den Mittelpunkt der Wirtschaft zu stellen“, sagt Schwab in dem Video.

Trevor Chueu, Sprecher des WEF, erklärte AFP gegenüber in einer E-Mail vom 10. August 2023, dass Nicole Schwab, Direktorin von 1t.org und naturbasierten Lösungen im WEF, keine Drohung über einen „Klima-Lockdown“ ausgesprochen habe. „Wir können bestätigen, dass es sich dabei um Falschinformationen handelt“, erklärte Chueu.

Die Kontroverse um den „Great Reset“

Der Artikel und die Beiträge in den sozialen Medien sind die neuesten Beispiele von Verschwörungstheorien rund um das WEF. AFP hat sich bereits mit verschiedenen Falschbehauptungen über das Forum auseinandergesetzt, zum Beispiel die Behauptung, dass Künstliche Intelligenz eine neue Bibel schreiben solle oder dass das WEF zur Schlachtung von Haustieren aufgerufen hätte.

Im geteilten Video erwähnt Schwab den „großen Neustart“, also den „Great Reset“. Dabei handelt es sich um ein Konzept, das vom WEF vorangetrieben wird und die Weltwirtschaft nach der Corona-Pandemie gemäß den Grundsätzen wirtschaftlicher Fairness und ökologischer Nachhaltigkeit umgestalten soll. Gleichzeitig wird der Begriff „Great Reset“ in Verschwörungstheorien verwandt und steht darin für eine globale Elitenverschwörung zur Weltherrschaft.

Der Artikel von „People’s Voice“ erwähnt auch die sogenannten 15-Minuten-Städte, ein Stadtplanungskonzept, das darauf abzielt, Viertel zu entwerfen, in denen alle Bedürfnisse der Bewohner innerhalb von 15 Minuten zu Fuß oder mit dem Fahrrad erfüllt werden können. Experten haben AFP bereits erklärt, dass das Ziel dieser Philosophie nicht darin besteht, die Bewegungsfreiheit der Menschen einzuschränken.

WEF Konzepte sollen Naturschutz fördern

„Wirtschaftliches Wachstum kann mit einem positiven Einfluss auf die Natur einhergehen. Regenerative Landwirtschaft ist natürlich auch ein großer Teil davon“, sagt Schwab in dem geteilten Video. „Können wir uns selbst als eine Generation der Wiederherstellung begreifen?“, schließt sie an.

Die von ihr erwähnten Konzepte wurden vom WEF in der Vergangenheit bereits erörtert. Mit der regenerativen Landwirtschaft sollen die Böden verbessert werden, die durch den Einsatz von schweren Maschinen, Düngemitteln und Pestiziden in der intensiven Landwirtschaft geschädigt wurden; die Idee der „Wiederherstellungsgeneration“ bezieht sich auf jüngere Menschen, die sich für den Umweltschutz einsetzen.

Schwab räumt ein, dass der Wandel, den sie sich wünscht, viel politischen Willen erfordere, und dass die Wirtschaftsakteure „mit der gewohnten Praxis brechen müssten, aber auf eine sehr ernsthafte Art und Weise, um zu sagen: ‚Wir müssen sehr schwierige Entscheidungen treffen'“. Sie fügt hinzu: „Die Schocks werden kommen und noch schlimmer werden, wenn wir jetzt nicht handeln.“

Sie erwähnt in ihren Ausführungen jedoch keine detaillierten politischen Vorschläge zur Umsetzung dieser Vision. AFP konnte keinerlei Belege dafür finden, dass Schwab oder das WEF öffentlich zu „Klima-Lockdowns“ aufgerufen hätten.

Einer der Beiträge zitiert einen Artikel von „Report24“. Darin wird zusätzlich behauptet, dass „Klima-Lockdowns die Ursachen des Klimawandels nicht bekämpfen“ könnten, weil CO2 „nur eine beschränkte Rolle in Bezug auf die Erwärmung der Atmosphäre“ spiele. Behauptungen wie diese hat AFP bereits hier und hier widerlegt. Bei „Report24“ handelt es sich um eine Website, die in der Vergangenheit von AFP überprüfte Falschinformationen verbreitet hat, beispielsweise zu Corona-Schutzimpfungen.

Fazit: Online kursiert ein Video, in dem Nicole Schwab 2020 von der Notwendigkeit spricht, bei der wirtschaftlichen Entwicklung den Naturschutz stärker in den Fokus zu rücken. Behauptungen, dass sie darin von einem „Klima-Lockdown“ spricht, der unweigerlich kommen werde, sind falsch. In dem geteilten Video spricht Schwab nicht von Lockdowns dieser Art.

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Klimawandel, Politik, Wirtschaft

Autor(en): Johanna LEHN / AFP Kanada

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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