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Die Kündigungen sind offenbar erfunden: Es lassen sich keine Hinweise für einen solchen Fall in NRW finden.
Fakten
Zu der Behauptung wird in dem Tiktok-Clip eine Aufnahme von Gebäuden an einer Straße eingeblendet. Dies suggeriert, dass es sich bei dem angeblich betroffenen Wohnblock um die gezeigten Gebäude handelt. Wie in der Sequenz zu sehen ist, sind auch mehrere Geschäfte in dem Gebäudekomplex beheimatet – etwa ein Bestattungsunternehmen.
Mithilfe der Details lässt sich so der Ort finden, an dem das Bildmaterial aufgenommen wurde: Das Video zeigt Gebäude in der Rethelstraße in Düsseldorf. Über eine Kündigung von 100 Mietern oder eine geplante Unterbringung von Geflüchteten in der Rethelstraße lassen sich jedoch keine Berichte oder sonstige Hinweise finden.
Auf dpa-Anfrage erklärte eine Sprecherin der NRW-Landeshauptstadt Düsseldorf, dass die Stadt in der Straße keine Objekte betreue. Entsprechend könne die Stadt dort auch niemandem kündigen. In der Rethelstraße seien auch keinerlei Unterbringungen von Geflüchteten geplant, teilte die Sprecherin mit. «Insoweit befinden wir uns hier komplett im Reich der Fantasie.»
Ministerium und Mieterbund ist der Fall nicht bekannt
Auch darüber hinaus lassen sich keine Medienberichte oder Hinweise über eine Kündigung von 100 Mietern wegen einer Unterbringung von Geflüchteten an einem anderen Ort in NRW finden. Die Staatskanzlei des Landes Nordrhein-Westfalen verwies auf dpa-Anfrage an das zuständige Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration. Wie das Ministerium erklärte, ist auch dort ein solcher Fall nicht bekannt.
In NRW bieten derweil lokale Mietervereine für ihre Mitglieder Hilfe und Rechtsberatung bei Fragen rund um die Miete und die eigene Wohnung an. Der Deutsche Mieterbund Nordrhein-Westfalen (DMB NRW) ist nach eigenen Angaben der Dachverband von 48 lokalen Mietervereinen. Die Deutsche Presse-Agentur hat daher bei dem Verband gefragt, ob sich Mieter wegen der vermeintlichen 100 Kündigungen gemeldet haben.
Geschäftsführer André Juffern teilte dazu mit: «Dem DMB NRW ist kein Fall bekannt, bei dem einer großen Menge von Mieterinnen und Mietern gekündigt wurde, um das Gebäude künftig geflüchteten Menschen zur Verfügung zu stellen. Auch die konkrete Nachfrage bei allen Rechtsberatern des Mietervereins Düsseldorf blieb ergebnislos.»
Juffern geht davon aus, dass es sich um eine Falschmeldung handelt: Für die ordentliche Kündigung eines Wohnraum-Mietverhältnisses durch den Vermieter müsse laut dem Experten seitens des Vermieters ein berechtigtes Interesse vorliegen – beispielweise bei Eigenbedarf oder bei Vertragsverletzungen durch den Mieter. «Der Wunsch, an jemand anderen zu vermieten, ist grundsätzlich kein berechtigtes Interesse für eine solche Kündigung. Das gilt auch für eine geplante Nutzungsänderung als Unterkunft für geflüchtete Menschen», so der Geschäftsführer.
Schon zuvor kursierten ähnliche Videos mit erfundenen Behauptungen
Weder die Behörden noch der Mieterbund haben also von dem angeblichen Kündigungsfall in NRW etwas gehört. Es lassen sich keine Belege für die Behauptungen finden. In der im Clip gezeigten Rethelstraße gibt es auch keine Geflüchtetenunterkunft oder Pläne für eine solche Einrichtung. Das alles spricht dafür, dass die ganze Geschichte erfunden ist.
Das ist nicht das erste Mal: Erst vor einigen Monaten hat die dpa sich in einem Faktencheck mit einem sehr ähnlichen Video beschäftigt. Damals sollte angeblich ein Altenheim in Hamburg umgebaut werden. Doch wie der Faktencheck zeigt, entbehrte die Behauptung jeder Grundlage. Es waren dazu fälschlicherweise Bilder von Einrichtungen in Geesthacht (Schleswig-Holstein) eingespielt worden – und nicht wie behauptet aus Hamburg.
(Stand: 16.8.2023)