Aussagen von Macron und Terroranschlag bei Moskau sorgen für mehr Desinformation über die Ukraine

Emmanuel Macrons Aussagen über die mögliche Entsendung europäischer Truppen in die Ukraine lösten im März eine Welle der Desinformation über eine mögliche Eskalation des Krieges aus.

In Frankreich kursierte ein Link zu einer Website, die angeblich vom französischen Verteidigungsministerium stammte und französische Bürger dazu aufrief, sich für einen Einsatz in der Ukraine zu melden. In Polen wurde die Falschinformation verbreitet, dass das Land in den Krieg gegen Russland ziehe und bereit sei, Truppen in die Ukraine zu entsenden. Zudem hieß es, Polen habe der EU die Befugnis übertragen, über die Wehrpflicht zu entscheiden. In Ungarn wurde fälschlicherweise behauptet, ein deutscher General habe gesagt, man müsse in den nächsten fünf Jahren mit einem Krieg gegen Russland rechnen. In Estland kursierte die Falschmeldung, dass sich französische Truppen bereits in Richtung Ukraine bewegten. In Spanien und Portugal wurde die Falschinformation verbreitet, dass Portugal Reservisten einberufe, denen eine Geldstrafe von 500 Euro drohe, wenn sie den Kriegsdienst in der Ukraine verweigerten.

Zu diesen Ergebnissen kommt das monatliche Briefing des EDMO-Netzwerks. Die 36 Organisationen, die dazu beigetragen haben, veröffentlichten im März 2024 insgesamt 1.729 Faktenchecks. Von diesen Beiträgen beschäftigten sich 240 (14%) mit dem Krieg in der Ukraine, 136 (8%) mit dem Klimawandel, 135 (8%) mit der EU, 56 (3%) mit dem Konflikt zwischen Israel und der Hamas, 75 (4%) mit Covid-19, 92 (5%) mit Migration und 45 (3%) mit LGBTQ+ und Genderfragen.

Der Anteil der Desinformation über den Krieg in der Ukraine hat sich damit in den vergangenen zwei Monaten verdoppelt. Während der Anteil an Falschinformationen über den Klimawandel und LGBTQ+ leicht gestiegen ist, wurden weniger Desinformationen über Migration, Covid-19 und den Konflikt zwischen Israel und der Hamas erfasst. Der Anteil der Desinformation über Covid-19 und den Israel-Hamas-Konflikt war seit Beginn des EDMO-Monitorings noch nie so gering wie im März. Beim Thema EU gab es keine Veränderungen.

Falschmeldungen zum Anschlag auf die Crocus City Hall bei Moskau

Auch nach dem Terroranschlag auf das Veranstaltungszentrum Crocus City Hall im Nordwesten Moskaus am 22. März wurden in ganz Europa Desinformationen verbreitet. Eine EDMO-Analyse zeigt, wie Falschmeldungen das Narrativ des Kreml unterstützten, die Ukraine und nicht die Dschihadistenmiliz „Islamischer Staat“ sei für den Anschlag verantwortlich. Aus den Daten, die für das EDMO-Faktencheck-Briefing zusammengetragen wurden, geht hervor, dass die Falschmeldungen zum Terroranschlag in Russland zu den am häufigsten verbreiteten Falschmeldungen im März in der EU gehörten.

Besondere Aufmerksamkeit erregte ein Deepfake, der wenige Stunden nach dem Anschlag vom russischen Fernsehsender NTV ausgestrahlt und in den sozialen Netzwerken verbreitet wurde. In dem Video-Interview soll Oleksiy Danilov, damaliger Sekretär des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrates der Ukraine, das Massaker gelobt und zugegeben haben, dass die Ukraine darin verwickelt sei.

In anderen Falschmeldungen, die sich im März gegen die Ukraine richteten, wurde behauptet, dass ukrainische Munition, Geflüchtete und Warenexporte EU-Bürger gefährden würden, dass Polen die Ukraine über nach Deutschland reisende Wehrpflichtige informiere, dass der Krieg inszeniert sei und dass die Ukraine russische Soldaten bei ihrer Ankunft im Land willkommen heiße.

KI-generierte Desinformation

Der Anteil der Desinformationen, die KI-generierte Inhalte verwenden, blieb im März mit 5% stabil.

Neben dem bereits erwähnten Deepfake von Oleksiy Danilov erschienen unter anderem Bilder der angeblich brennenden Glaspyramide des Louvre-Museums in Paris (die gemeinsam mit der Behauptung verbreitet wurden, dass Migranten den Brand verursacht hätten), von angeblichen Bauernprotesten in Polen und von einer schwangeren Ken-Puppe, die angeblich das Unternehmen Mattel herausgebracht habe.

Die vier am weitesten verbreiteten Falschbehauptungen im März

Der Deepfake von Oleksiy Danilov gehörte zu den am weitesten verbreiteten Falschbehauptungen im März. Außerdem kursierten vor allem die folgenden Desinformationen:

  • EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sei mit einem SS-General verwandt (dieses Narrativ ist alt, kam aber im März wieder auf)
  • Die Europäische Kommission erwäge ein Verbot der Reparatur von Fahrzeugen, die über 15 Jahre alt sind
  • Nach dem Anschlag auf die Konzerthalle bei Moskau soll als Tatverdächtiger ein Tschetschene festgenommen worden sein, der gegen Russland in der Ukraine gekämpft hat
Falschinformationen mit nationalem Schwerpunkt

In der Slowakei machte die Falschmeldung die Runde, dass der ehemalige Präsident der Ukraine, Petro Poroschenko, zum Frieden mit Russland aufrufe.

In Spanien kursierte die Behauptung, baskische Schulen hätten Kindern verboten, Essen mitzubringen, „weil sie im Ramadan sind“.

In Frankreich hieß es, eine Studie habe gezeigt, dass Elektrofahrzeuge die Umwelt 1.850 Mal mehr verschmutzen als Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor.

Auch in Zypern kursierten angebliche Ergebnisse einer Studie, die ergeben habe, dass 86% der pädophilen Menschen homo- oder bisexuell sind.

Methodik

Die in diesem Briefing enthaltenen Informationen wurden mittels eines Fragebogens erhoben, der an die Mitgliedsorganisationen des EDMO-Faktencheck-Netzwerks geschickt wurde. Bezugszeitraum: 1. bis 31. März 2024. Anzahl der Befragten: 36. Hauptherausgeber dieses Dokuments: Tommaso Canetta und Enzo Panizio, Pagella Politica/Facta.

Organisationen, die zu diesem Briefing beigetragen haben: 15min, AFP, APA, Correctiv, Delfi, Demagog.cz, Demagog.pl, Demagog.sk, DPA, DW, Eesti Päevaleht, EFE Verifica, Ellinika Hoaxes, Eurocomunicare, Fact Check Cyprus, Factcheck Vlaanderen, FactReview, Faktisk, FranceTV, Funky, Greece Fact Check, InfoVeritas, Lakmusz, Logically Facts, Maldita, Medizin transparent, Newtral, Oštro, PagellaPolitica/Facta, Polígrafo, Pravda, Re:Baltica, The Journal Fact-Check, TjekDet, Verifica RTVE,Verificat.

Das ausführliche Briefing auf Englisch mit weiteren Informationen zu Falschinformationen in verschiedenen EU-Staaten finden Sie hier.

Nach oben scrollen