Der US-Präsidentschaftswahlkampf war von Desinformation geprägt. Auch in den letzten Stunden der Wahl wurden soziale Medien mit haltlosen Behauptungen über Wahlbetrug überflutet – bis Donald Trump den Sieg für sich beanspruchte.
Die entscheidenden Swing-States Pennsylvania und Georgia wurden mit Behauptungen über Wahlmanipulationen und die angebliche Teilnahme an der Wahl von Menschen, die gar nicht die US-amerikanische Staatsbürgerschaft besitzen würden, ins Visier genommen. Darunter mischten sich auch Videos, die der US-amerikanische Geheimdienst mit von Russland unterstützten Desinformationskampagnen in Verbindung brachte.
Obwohl der ehemalige US-Präsident Donald Trump über Wochen hinweg behauptete, dass die diesjährige Wahl durch weit verbreitete Unregelmäßigkeiten bei der Stimmabgabe beeinträchtigt wäre, erklärte er in einem überraschenden Comeback ins Weiße Haus einen Sieg „wie keinen anderen“ und versprach, das Land zu „heilen“.
Die Behauptung des Wahlbetrugs „ist zu einer klassischen Mobilisierungstechnik für populistische oder rechtsextreme Spitzenpolitikerinnen und -politiker wie beispielsweise Donald Trump geworden“, sagte Julien Giry, ein französischer Experte für US-Desinformation. Sie behaupten etwa, dass sie nur aufgrund von Wahlbetrug verloren hätten oder, dass es „nur keinen Wahlbetrug gab, weil wir ihn im Vorhinein schon angeprangert haben“, fügte er hinzu.
Beiträge auf X – der Plattform des Milliardärs und Trump-Anhängers Elon Musk – trugen maßgeblich dazu bei, Zweifel an der Integrität des Wahlprozesses zu säen.
Die „Election Integrity Community“, die Musk ins Leben gerufen hat, um „potenzielle Fälle von Wahlbetrug oder Unregelmäßigkeiten zu melden“, verbreitete mehrere Behauptungen, die von AFP widerlegt wurden. Darunter auch, dass Wahlmaschinen angeblich Stimmen von Trump zu Kamala Harris umleiten würden.
In anderen Beiträgen wurden fälschlicherweise Bilder von Wahlurnen geteilt, die im vom Hurrikan betroffenen North Carolina in betrügerischer Absicht weggeworfen wurden. Doch Trumps deutlicher Sieg scheint den großen Aufruhr im Internet gedämpft zu haben.
Ein Netzwerkanalyse-Tool des französischen Unternehmens Visibrain zeigte, dass Hunderttausende Erwähnungen von „Betrug“, „Wahlbetrug“ und „Täuschung“ in sozialen Medien am Tag der Wahl ihren Höhepunkt erreichten und dass sie kurz nach Trumps Sieg stark zurückgingen.
„Hätte Trump verloren oder nur knapp gewonnen, dann wäre es heute an dieser Front mit ziemlicher Sicherheit viel lauter“, so Ethan Porter, Professor und Forscher am Misinformation/Disinformation Lab der George Washington University.
Niederlage in 2020 nie eingestanden
Der ehemalige US-Präsident hat seine Niederlage bei den Wahlen 2020 nie eingestanden, was darin gipfelte, dass seine Anhängerschaft Wochen später das US-Kapitol stürmte, um die formelle Beglaubigung des Wahlsiegs von Joe Biden zu verhindern (hier archiviert).
In einem ohnehin schon angespannten politischen Klima schürten Menschen während des diesjährigen Präsidentschaftswahlkampfs auch Ängste vor physischer Gewalt – dies führte zu falschen Bombendrohungen in mehreren Wahllokalen, die von den Behörden auf eine russische Einmischungskampagne zurückgeführt wurden (hier archiviert).
In den Stunden vor Schließung der Wahllokale behauptete Trump, dass in der größten Stadt Pennsylvanias „viel über massiven Wahlbetrug geredet“ werde und dass die Polizei „auf dem Weg“ sei.
Ein Beamter der Stadt wies die Behauptung umgehend zurück und bezeichnete sie als „ein weiteres Beispiel für Desinformation“, während die Polizei und die Staatsanwaltschaft von Philadelphia die unbegründete Anschuldigung zurückwiesen.
Trump beanspruchte die 19 Wahlmännerstimmen des Bundesstaates – die als der größte Preis auf dem Schlachtfeld bei der diesjährigen Wahl gelten – für sich und erreichte damit die erforderliche Mindestzahl von 270 Wahlmännerstimmen.
Vor Schließung der Wahllokale postete die Online-Forscherin Renée DiResta auf der Social-Media-Plattform Threads, dass die von ihr beobachteten Influencerinnen und Influencer am Wahltag einen zurückhaltenderen Ansatz in Bezug auf Betrugsvorwürfe verfolgten.
„Zwischen der Vorbereitung auf Betrugsvorwürfe, im Falle, dass man verliert, und dem Wunsch, nicht dumm dazustehen, wenn man sich lautstark beschwert und der Kandidat, den man unterstützt hat, gewinnt, ist es nur ein schmaler Grat.“