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Diagramm wurde aus dem Kontext gerissen, um die globale Erwärmung zu leugnen

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler prognostizieren, dass 2024 das heißeste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen sein wird – und zwar mit einer beispiellosen Erwärmungsrate, die zweifellos mit den vom Menschen verursachten Emissionen zusammenhängt. Klimawandelleugnerinnen und -leugner nutzen soziale Medien, um diese wissenschaftlichen Erkenntnisse in Frage zu stellen, beispielsweise indem sie eine Grafik teilen, die natürliche zyklische Schwankungen im Zusammenhang mit Eiszeitperioden darstellt. Laut Expertinnen und Experten kann die Grafik den wissenschaftlichen Konsens nicht widerlegen. Sie untersucht die Temperaturveränderungen der letzten 150 Jahre nicht detailliert genug.

„Diese Grafik beweist, dass selbst WENN die Menschheit die Temperatur beeinflusst, dies im Vergleich zu den Naturgewalten, die sich in den letzten 400.000 Jahren ereignet haben, unbedeutend ist. Die Temperaturveränderung in den letzten 150 Jahren könnte man aber hauptsächlich auf das Ende der Kleinen Eiszeit zurückführen, die von 1200 bis 1850 andauerte“, heißt es in einem Post auf Facebook vom 10. November 2024, der tausendfach geteilt wurde.

Der Beitrag enthält eine Grafik, die scheinbar Eiszeiten und entsprechende Temperaturanomalien über Hunderttausende von Jahren zeigt und ursprünglich von der „CO2 Coalition“, einer Vereinigung, die sich gegen vorgeschriebene Reduzierungen von CO2-Emissionen einsetzt, veröffentlicht wurde (hier archiviert).

Facebook-Screenshot der Behauptung: 22. November 2024

Auch auf anderen klimawandelskeptischen Profilen wurden ähnliche Behauptungen geteilt – darunter der Account des ehemalige Fox-News-Kommentators Steve Milloy, dessen Aussagen AFP wiederholt widerlegte.

Eiszeiten werden zum Teil durch Veränderungen der Sonneneinstrahlung aufgrund natürlicher Schwankungen in der Erdumlaufbahn verursacht. Diese gehen mit dem Einfluss von Treibhausgasen in der Atmosphäre – welche den Planeten erwärmen – einher (hier archiviert).

Die letzte Eiszeit fand vor etwa 120.000 bis 11.500 Jahren statt (hier archiviert). Seitdem befindet sich die Erde in einer „Zwischeneiszeit“ – der Teil des Zyklus, in dem es wärmer und die Ausdehnung des Eises an Land geringer ist.

„Wir befinden uns derzeit in einer sogenannten Zwischeneiszeit oder Warmzeit – es gibt also recht große natürliche Klimaschwankungen“, so Donald Canfield, US-amerikanischer Geowissenschaftler und Professor der Biogeowissenschaften an der Süddänischen Universität am 22. November 2024 gegenüber AFP (hier archiviert). „Das bedeutet jedoch nicht automatisch, dass der Mensch keinen Einfluss auf die jüngsten globalen Temperaturanstiege haben kann“, fügte er hinzu.

Laut dem Weltklimarat der Vereinten Nationen (IPCC) ist es unbestreitbar, dass Atmosphäre, Ozeane und Landmasse durch menschlichen Einfluss erwärmt wurden und werden – was mit den CO2-Emissionen zusammenhängt (hier und hier archiviert).

„Sowohl der Ausstoß von CO2 als auch die Temperatur sind auf Werte angestiegen, die weit über dem liegen, was vor Beginn der sogenannten Kleinen Eiszeit beobachtet wurde“, sagte Canfield. „Es herrscht weitgehend Einigkeit darüber, dass der jüngste Anstieg des CO2-Ausstoßes vom Menschen verursacht wurde und damit auch der damit verbundene Temperaturanstieg“, fügte er hinzu.

Auch andere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erklärten gegenüber AFP, dass die Daten in der online veröffentlichten Grafik die Rolle der vom Menschen verursachten Emissionen beim Klimawandel oder dessen Bedeutung nicht widerlegen.

„Die Grafik enthält keine Daten zur jüngsten Erwärmung, sondern endet, bevor signifikante menschliche Klimaauswirkungen aufgezeichnet werden konnten“, so Bärbel Hönisch, Professorin für Umweltwissenschaften am Lamont-Doherty Earth Observatory der Columbia University in New York City am 21. November 2024 (hier archiviert).

Der Nasa-Weltraumforscher Thomas Fauchez (hier archiviert) erklärte am 22. November 2024 gegenüber AFP, dass in der in sozialen Medien verbreiteten Grafik Informationen verwendet werden, die vom Glaziologen und Klimatologen Jean Jouzel (hier archiviert) gesammelt und präsentiert wurden. Er ergänzte, dass „die Daten durch Zeitskalen, die völlig unterschiedlich sind, aus ihrem Kontext gerissen werden“.

Er erklärte auch, dass die dargestellte Zeitskala die letzten 150 Jahre nicht mit ausreichender Genauigkeit abbilde, um die Auswirkungen der industriellen Revolution zu berücksichtigen.

Im Gegensatz dazu veranschaulicht die Nasa den drastischen Anstieg der Erderwärmung durch den Vergleich der Kohlendioxidwerte aus atmosphärischen Proben in Eisbohrkernen und neueren direkten Messungen (hier archiviert).

Zuverlässige Wetteraufzeichnungen reichen bis ins späte 19. Jahrhundert zurück, als mit der flächendeckenden Beobachtung der Landoberflächentemperatur begonnen wurde. Um die Eiszeiten zu veranschaulichen, werden ältere Proxydaten für den Klimawandel aus geologischen Bohrkernen verwendet.

Screenshot von der Nasa-Website, der den Anstieg des atmosphärischen CO2 seit der industriellen Revolution belegt: 25. November 2024

 

CO2 als Ursache der Erwärmung

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, mit denen AFP sprach, waren sich auch einig, dass der Mensch den natürlichen Zyklen viel schneller als in den Jahrtausenden zuvor Treibhausgase zuführt.

Mit steigender CO2-Konzentration nehmen auch die Temperaturanomalien zu, was darauf hindeutet, dass steigende CO2-Werte ein Hauptfaktor für den Erwärmungstrend der Erde sind. Und das insbesondere in den letzten 150 Jahren, wie in den Nasa-Grafiken im Folgenden dargestellt (hier archiviert):

Screenshot des globalen Temperaturindex der Nasa über die letzten 80 Jahre: 22. November 2024 

 

Screenshot eines Diagramms der Nasa, das einen Anstieg der atmosphärischen CO2-Konzentrationen in den letzten 80 Jahren zeigt: 22. November 2024 

 

Die Wissenschaft ist sich einig, dass das letzte Mal, als es so viel CO2 in der Atmosphäre gab wie heute, Millionen von Jahren zurückliegt.

Fauchez von der Nasa erklärte, dass es „einfach unmöglich ist, dass ein solcher Anstieg des Kohlendioxids keine Auswirkungen auf unser Klima und die Durchschnittstemperaturen der Erde hat“. Er fügte hinzu, dass „sich der Planet einfach erwärmen muss, wenn der CO2-Gehalt von 280 parts per million (dem vorindustriellen Wert) auf die aktuellen 423,6 parts per million gestiegen ist“ (hier archiviert). Ppm steht für „parts per million“, also „Teilchen pro Million“.

Der Anstieg der globalen durchschnittlichen Oberflächentemperatur, der seit dem vorindustriellen Zeitalter kontinuierlich zu beobachten ist, spiegelt einen signifikanten Anstieg der akkumulierten Wärme wider (hier archiviert).

Weitere falsche und irreführende Behauptungen über das Paläoklima, also die Klimavergangenheit der Erde, und den vom Menschen verursachten Klimawandel finden sich unter anderem hier und hier.

Fazit: In einer online geteilten Grafik, die natürliche zyklische Schwankungen im Zusammenhang mit Eiszeitperioden darstellt, werden die letzten 150 Jahre – also die Zeit, in der die Temperatur besonders rasant anstieg – nicht detailliert genug untersucht. Der wissenschaftliche Konsens, dass die durch den Menschen verursachten CO2-Emissionen die globale Erwärmung auslösen, kann anhand dieser Grafik nicht widerlegt werden.

 

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Klimawandel

Autor(en): Manon JACOB / Lisa-Marie ROZSA / AFP USA

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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