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Die Untertitel in diesem Video einer Rede Putins zur Ukraine sind falsch

Über den russischen Präsidenten Wladimir Putin kursieren immer wieder Falschinformationen. In chinesischen sozialen Netzwerken verbreitete sich Anfang Februar ein gefälschtes Video einer früheren Rede Putins: In den Untertiteln wird behauptet, Putin habe gesagt, er werde erst dann zurücktreten, „wenn das Problem in der Ukraine gelöst“ sei. Das Video enthält jedoch Ausschnitte aus zwei verschiedenen Ansprachen und den Ton aus einer der Reden. Bei den chinesischen und englischen Untertiteln handelt es sich um falsche Übersetzungen. Bis zum 17. Februar 2023 hat AFP keine offiziellen Berichte über eine solche Ankündigung Putins gefunden.

Das Video wurde über 500.000 Mal angesehen, nachdem es am 7. Februar 2023 in einem Beitrag im chinesischen Netzwerk Weibo geteilt wurde. Das falsche Video wurde seit Anfang Februar auch auf Twitter, auf Douyin, der chinesischen TikTok-Version, und WeChat geteilt.

Die Behauptung: Das Video zeigt Putin bei einer Rede an zwei verschiedenen Orten und enthält Untertitel in vereinfachtem Chinesisch und fehlerhaftem Englisch. Die Bildunterschrift auf Chinesisch und der Text im oberen Teil des Videos lautet: „Boss move. Der russische Präsident hält eine Rede darüber, ob er 2023 zurücktreten wird.“ Laut chinesischen Untertiteln sagt Putin angeblich: „In letzter Zeit wurde in ausländischen Medien viel darüber berichtet, dass ich möglicherweise 2023 als Präsident zurücktreten werde. Ach… Ich möchte betonen, dass ich meine Position nicht verlassen werde, solange das Problem in der Ukraine nicht gelöst ist.“

 

Screenshot der Behauptung: 15. Februar 2023 – AFP

Weiter heißt es in den falschen Untertiteln: „Wir kämpfen nicht nur gegen die Ukraine, wir kämpfen gegen die gesamte Nato. Russland wurde bis zu seiner Zerreißgrenze getrieben, also müssen wir kämpfen. Der Sieg wird unser sein. Diejenigen, die uns keinen Ausweg bieten, werden von uns auch keinen Ausweg erhalten. Wir werden unsere Truppen nicht abziehen, bevor wir unser Ziel erreicht haben.“

Das Video kursierte, nachdem Putin am 3. Februar 2023 eine entschlossene Reaktion auf jedes Land angekündigt hatte, das Russland bedrohen sollte. Er kritisierte zudem Deutschland scharf für sein Versprechen, Panzer nach Kiew zu schicken. Die Ukraine hatte ihre westlichen Unterstützer um die Entsendung moderner Kampfpanzer gebeten, um eine erneute russische Offensive zurückzuschlagen und selbst angreifen zu können.

Das aktuell geteilte Video wurde jedoch bearbeitet. Es enthält Ausschnitte aus zwei verschiedenen Reden und Putins Rede wurde falsch ins Chinesische übersetzt. Bis zum 17. Februar 2023 gab es keine offiziellen Berichte über einen möglichen Rücktritt Putins oder irgendwelche Pläne dazu im Jahr 2023.

Der russische Staatschef, der bereits seit mehr als zwei Jahrzehnten an der Macht ist, unterzeichnete im Jahr 2021 ein Gesetz, das ihm zwei weitere sechsjährige Amtszeiten ermöglicht. Das würde Putin die Möglichkeit geben, bis 2036 Präsident zu bleiben, während seine aktuelle Amtszeit 2024 enden würde.

Erstes Video

Eine Kombination aus einer Bildrückwärtssuche und einer Stichwortsuche auf Google ergab, dass die ersten sechs Sekunden des bearbeiteten Videos in einem AFP-Video zu sehen sind, das am 3. Februar 2023 auf Youtube veröffentlicht wurde.

Die Aufnahmen von Putins Rede sind im AFP-Video zwischen Sekunde 28 und 34 zu sehen. Der Ton des originalen Videos unterscheidet sich jedoch von dem des bearbeiteten Videos.

 

Screenshot-Vergleich zwischen dem falschen Video (links) und dem Originalvideo (rechts) – AFP

Tatsächlich sprach Putin in der Rede anlässlich des 80. Jahrestags des Sieges der Roten Armee über das von Nationalsozialisten beherrschte Deutschland in der Schlacht von Stalingrad davon, dass Russland wie im Zweiten Weltkrieg „wieder“ von deutschen Panzern bedroht werde. Das steht in der echten Videobeschreibung.

Falsche Untertitel

Die umgekehrte Bild- und Stichwortsuche führte zum zweiten Videoausschnitt von Putins Rede, der von der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Tass am 27. April 2022 veröffentlicht wurde.

In der begleitenden Meldung heißt es, dass Putin vor Vergeltungsmaßnahmen gegen „jeden von außen“ gewarnt habe, der in den Krieg in der Ukraine eingreifen sollte.

Das von chinesischen Usern geteilte Bildmaterial entspricht den ersten 21 Sekunden des Tass-Videos, während der Ton von Putins Rede den ersten 27 Sekunden des Tass-Videos entspricht.

Anstatt über angebliche Pläne über seinen Rücktritt zu sprechen, sagt Putin: „Wenn jemand anderes beschließt, sich von außen in die gegenwärtige Situation einzumischen… sollte er es wissen… und ja… wenn er eine unannehmbare strategische Bedrohung für uns darstellt, muss er wissen, dass unsere Vergeltungsschläge blitzschnell sein würden. Wir haben alle Mittel dafür.“

Das Transkript dieser Rede vom 27. April 2022 kann hier auf der offiziellen Webseite des Kremls eingesehen werden. Putin erwähnt an keiner Stelle seiner Ansprache seinen angeblichen Rücktritt.

 

Screenshot-Vergleich des irreführenden Videos (links) und des Originalvideos (rechts) – AFP

Am 21. Februar 2023 hielt Putin vor dem Parlament außerdem eine vielbeachtete Rede zur Lage der Nation. Darin machte er den Westen für den Krieg in der Ukraine verantwortlich und kündigte an, den atomaren Abrüstungsvertrag mit den USA namens „New Start“ auszusetzen.

Faktenchecks zum Krieg in der Ukraine sammelt AFP hier.

Fazit: Putin hat in diesem Video nicht angekündigt, erst zurückzutreten, wenn das „Problem in der Ukraine gelöst“ sei. Das Video wurde aus zwei Reden zusammengeschnitten und mit falschen Untertiteln versehen, die nicht dem Ton entsprechen. AFP konnte keine offiziellen Berichte dafür finden, dass Putin in einer Rede über seinen möglichen Rücktritt gesprochen hätte.

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Politik, Ukraine

Autor(en): Tommy WANG / AFP Hongkong / AFP Deutschland

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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