Die Weltklimakonferenz findet von 30. November bis 12. Dezember 2023 in Dubai statt. Im Zuge dessen floriert online Desinformation zum Klima – etwa, dass Schneefall und Kälte die Erderwärmung widerlegen würden. Aktuell teilen User ein Video mit der Falschbehauptung, es zeige ein Flugzeug in München, das aufgrund des starken Schneefalls nicht zum Klimagipfel fliegen konnte. Es sei am Boden festgefroren gewesen, heißt es fälschlich. Zwar musste der Betrieb des Münchner Flughafens Anfang Dezember 2023 tatsächlich wegen der winterlichen Verhältnisse ausgesetzt werden. Das Flugzeug im geteilten Video war jedoch nicht auf dem Weg nach Dubai. Es habe lediglich in München geparkt und sei durch die Schneelast eingeknickt, erklärten ein Sprecher des Flughafens sowie die Airline gegenüber AFP. Inzwischen wurde es von der Feuerwehr wieder aufgerichtet.
„Flugzeug am Weg zum Klimagipfel am Münchner Airport festgefroren“, schreibt ein User auf Facebook. Dazu teilt er einen Clip, in dem ein Flugzeug auf einer durch Scheinwerfer beleuchteten, freien Fläche zu sehen ist. Der Boden und das Flugzeug, das auf dem Heck aufsitzt, sind mit Schnee bedeckt. Mehrere Personen sind mit Arbeiten an der Flugmaschine beschäftigt. Daneben stehen zudem mehrere Einsatzfahrzeuge mit eingeschaltetem Blaulicht – unter anderem die Feuerwehr. Im Hintergrund sind außerdem andere Flugzeuge zu sehen. Unter dem Video zeigen sich Userinnen und User empört: „Ist das nicht ein netter Fingerzeig? Man muss doch endlich einmal mit dem luftleeren, wirkungsfernen Klima-Gequatsche aufhören.“
Der kurze Clip mit der Behauptung wurde auf Facebook mehrfach geteilt. Auf X, ehemals Twitter, wurde das Posting hundertfach geteilt. Auch auf Telegram wurde das Video mit der Behauptung tausendfach angesehen. Das österreichische Boulevardmedium „Exxpress“, das in der Vergangenheit zahlreiche Falschmeldungen verbreitet hat (AFP hat diese etwa hier, hier oder hier überprüft), hat das Video in einem Artikel vom 3. Dezember 2023 ebenfalls geteilt. „Flugzeug am Weg zum Klimagipfel am Münchner Airport festgefroren“, lautet der Titel des „Exxpress“-Berichts, der auch auf Facebook verbreitet wurde.
Auch in anderen Sprachen wie Englisch, Serbisch oder Chinesisch kursiert der Beitrag.
Die Weltklimakonferenz (COP28) findet dieses Jahr vom 30. November bis 12. Dezember in Dubai statt. Im Zuge des Gipfels florieren Falschinformationen zum Klima.
AFP hat in der Vergangenheit bereits zahlreiche Falschbehauptungen zu diesem Thema überprüft – etwa, dass Schneefall und Kälte die Erderwärmung widerlegen würden.Das ist falsch, die Erderwärmung ist wissenschaftlich bewiesen. Forschende weltweit sind sich zudem einig, dass der Mensch dafür verantwortlich ist. Auch im Zusammenhang mit Privatjets kursierten bereits Falschinformationen im Netz. Alle Faktenchecks zum Thema Klima sammelt AFP hier.
Wintereinbruch in Deutschland Anfang Dezember
Anfang Dezember 2023 versank Deutschland – vor allem der Süden und Osten Bayerns – im Schnee, wie aus zahlreichen Medienberichten hervorgeht (etwa hier, hier, hier und hier). Es kam laut Berichten zu Stromausfällen, Verkehrsstaus und Einschränkungen im Flug- und Bahnverkehr in Bayern. Auch AFP berichtete über das Verkehrschaos und verwendete dazu sogar den aktuell geteilten Clip.
Am 1. Dezember 2023 abends wurde der Betrieb des Flughafens München zunächst eingeschränkt und daraufhin bis zum 3. Dezember 2023 morgens geschlossen, heißt es unter anderem auf dem X-Account des Flughafens. Gleiches bestätigte auch ein Sprecher in einem Telefonat mit AFP am 4. Dezember 2023. Allein am 3. Dezember 2023 wurden 560 von etwa 880 geplanten Flügen – unter anderem auch nach Dubai – gestrichen, heißt es. Am 5. Dezember 2023 wurde der Betrieb aufgrund der Wetterbedingungen erneut eingestellt. Am 6. Dezember 2023 morgens hieß es auf dem X-Account des Flughafens, dass der Flugbetrieb wieder laufe, es jedoch weiter zu Einschränkungen kommen könnte.
Der aktuell geteilte Beitrag amüsiert sich darüber, dass ein Flugzeug aufgrund eines Wintereinbruchs nicht fliegen kann, während bei der Weltklimakonferenz Maßnahmen gegen die Erderwärmung besprochen werden. „Das passt vom Bild her nicht zusammen: Ausgerechnet am Weg zum internationalen Hitze-Gipfel (COP28) in Dubai ist ein Privat-Jet unter der Schneelast am Münchner Flughafen am Hinterteil gelandet und auf der Piste festgefroren“, schrieb etwa „Exxpress„.
Keine Hinweise auf Flug nach Dubai
„Express“ zititerte auch Flughafensprecher Henner Euting in der bayerischen Zeitung „Münchner Merkur„. Dort wird allerdings explizit angeführt, dass Spekulationen über ein Privatjet in Richtung Dubai nicht bestätigt seien.
AFP kontaktierte Euting mit der Bitte um nähere Informationen zum Video. Der Flughafensprecher erklärte in einem Telefonat am 4. Dezember 2023: „Dass das Flugzeug auf dem Weg nach Dubai gewesen sei, kann ich nicht bestätigen.“ Das Video sei aber echt und in der Nacht von 1. auf 2. Dezember 2023 am Flughafen in München aufgenommen worden, sagte Euting. Die Maschine sei jedoch nicht am Boden festgefroren, wie fälschlich behauptet: „Das Flugzeug war aufgrund des Gewichtes des Schnees auf der Heckfläche gekippt. Die Feuerwehr hat die Maschine jedoch wieder aufgerichtet, sie ist intakt.“ In einem Telefonat am 7. Dezember 2023 wurde von der Pressestelle konkretisiert, dass sich die Maschine im Video nicht am Terminal befand, sondern auf einer Abstellfläche geparkt war.
Flugzeug am Flughafen in München geparkt
Eine Stichwortsuche führte AFP zu einem Artikel des deutschsprachigen Nachrichtenportals „Aerotelegraph“ für Themen rund um die Luftfahrt vom 2. Dezember 2023. Dort heißt es, dass das Flugzeug, das unter der Last des Schnees gekippt sei, das Kennzeichen „OE-HUB“ trage. Es handle sich um eine Cessna Citation X, die der Salzburger Charterairline Bairline gehöre.
Auf der Website der Airline finden sich Fotos der Maschine Citation X. Diese stimmen mit den Aufnahmen im geteilten Video überein.
AFP kontaktierte Bairline zu dem geteilten Video. In einem Telefonat vom 4. Dezember 2023 erklärte Nico Just, Pilot und Sales Manager der Fluggesellschaft: „Die Informationen zur Weltklimakonferenz sind nicht richtig. Das Flugzeug ist tatsächlich seit 15. November 2023 in München, ist dort aber nur geparkt. Es war nicht geplant, damit zur Klimakonferenz nach Dubai zu fliegen.“ Des Weiteren bestätigte Just, dass die Maschine nicht festgefroren war, sondern lediglich umgekippt sei. Aktuell stehe sie wieder aufrecht, heißt es.
Eine Stichwortsuche mit dem Kennzeichen des Flugzeuges führte AFP zu mehreren Portalen mit Luftfahrtinformationen, aus denen jeweils hervorgeht, dass die Maschine seit 15. November 2023 in München steht. An diesem Tag kam sie aus Antwerpen in Belgien und landete gegen 19 Uhr am Franz Josef Strauß-Flughafen in München. Hinweise auf einen geplanten oder sogar abgesagten Flug dieser Maschine nach Dubai konnte AFP nicht finden. Das wurde auch unter Usern auf X so diskutiert.
Auf „Flightradar24“, einem Onlinedienst zur Echtzeit-Positionsdarstellung von Flugzeugen, konnte AFP zudem folgende Informationen finden: Seit 15. November 2023 steht die Maschine in München. Am 20. November 2023 war ein Flug nach Lomé im westafrikanischen Togo geplant. Dieser wurde gedoch abgesagt.
Screenshot „Flightradar24“: 4. Dezember 2023
Just von Bairline erklärte AFP dazu ebenfalls: „Es waren andere Flüge, allerdings nicht zur Klimakonferenz in Dubai, seit dem 15. November geplant. Diese haben aber nicht stattgefunden.“
Fazit: Online verbreitet sich ein Video mit der Falschbehauptung, es zeige ein Flugzeug in München, das aufgrund von starkem Schneefall nicht zum Weltklimagipfel fliegen konnte. Zudem heißt es fälschlich, dass die Maschine am Boden festgefroren war. Tatsächlich musste der Betrieb am Münchner Flughafen Anfang Dezember 2023 aufgrund der winterlichen Witterungsbedingungen eingestellt werden. Das in dem geteilten Video gezeigte Flugzeug befand sich jedoch nicht auf dem Weg nach Dubai. Es war lediglich in München geparkt und knickte unter der Schneelast ein, wie sowohl ein Sprecher des Flughafens als auch die Fluggesellschaft gegenüber AFP erklärten. Es wurde von der Feuerwehr wieder aufgerichtet.