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Dieses verwüstete Klassenzimmer ist nicht in Wien, sondern in Brasilien

In einem Video randalieren Schülerinnen und Schüler in einem Klassenzimmer. User beschreiben die tausendfach geteilte Aufnahme als Szene in einer Wiener Schule. Zahlreiche Nutzerinnen hinterließen dazu ausländerfeindliche Kommentare. In Wahrheit stammt das Video jedoch aus einer Schule in Brasilien aus dem Jahr 2019. Der Vorfall war bereits in der Vergangenheit mehrfach fälschlicherweise mit geflüchteten Menschen in Verbindung gebracht worden.

Seit Mitte Oktober 2022 haben Tausende Menschen das Video auf Facebook geteilt. Das Video kursierte bereits 2019. Die österreichische Plattform „Mimikama“ überprüfte damals die Behauptung, es zeige vom Krieg geflüchtete Menschen. Auch AFP beschäftigte sich schon 2021 mit dem Video, als die Szene als vermeintliche Aufnahme Geflüchteter in Spanien geteilt wurde.

Die Behauptung: Im Video ist zu sehen, wie Schülerinnen und Schüler Tische in einem Klassenzimmer umstoßen, Gegenstände werfen und eine Lehrerin angreifen. Die Szene ist mit den Worten „Schule in Wien“ beschrieben, User fordern in den Kommentaren die Abschiebung von „Ausländern“.

Facebook-Screenshot der Behauptung: 10.11.2022

AFP führte mithilfe des Verifikationswerkzeuges InVID WeVerify eine Rückwärtssuche nach Ausschnitten aus dem Video durch und fand so mehrere brasilianische Medienberichte über den Vorfall (hier, hier, hier).

Das Video wurde demnach im Mai 2019 in der Schule Maria de Lourdes Teixeira in Carapicuíba im brasilianischen Bundesstaat São Paulo aufgenommen. In der Aufnahme hört man Schüler auf Portugiesisch schreien.

Die Pressesprecherin des Sekretariats für öffentliche Sicherheit von São Paulo, Talita Santos França, bestätigte am 17. September 2019 gegenüber AFP, dass sich der Vorfall im Video am 30. Mai 2019 ereignet hatte. „Eine 45-jährige Lehrerin wurde am 30. Mai in der Estrada do Jacaranda, in einer ländlichen Gegend von Carapicuíba, Opfer von Straftaten.“ Am 31. Mai sei das der Polizei gemeldet worden.

Die Lehrerin habe eine Klasse unterrichtet, „als drei Schüler im Alter von 13 und 14 Jahren den Raum betraten und anfingen, Unruhe zu stiften, Notizbücher warfen und sie beleidigten „, erklärte sie. Der Fall sei der zuständigen Stelle für Gewalt gegen Frauen sowie der Jugendabteilung der Staatsanwaltschaft gemeldet geworden.

In einem Artikel aus dem Jahr 2019 auf der Website der staatlichen Lehrergewerkschaft von São Paulo heißt es, dass die in den Fall verwickelten Jugendlichen zu diesem Zeitpunkt auf ein Urteil in ihrem Fall warteten und an eine andere Schule versetzt worden waren. Keiner der Artikel über den Fall erwähnt, dass die Schüler im Video Geflüchtete gewesen sein sollen.

Kein ähnlicher Fall in Wien

Robert Stiedl ist für die Kommunikation der Bildungsdirektion Wien zuständig, die die Schulverwaltung des Bundeslandes organisiert. AFP hat ihm am 11. November 2022 das Video aus Brasilien gezeigt und nach ähnlichen Vorfällen in Wien gefragt. Stiedl schrieb: „Mir konnte in letzter Zeit kein wie von Ihnen beschriebener Fall bestätigt werden.“

Zwei Wochen nach Veröffentlichung des aktuell geteilten Videos kam es in Österreich zu Ausschreitungen, an denen auch zahlreiche zum Teil sehr junge Jugendliche mit Migrationsgeschichte teilnahmen. In der Halloweennacht hatten in der Linzer Innenstadt rund 200 Menschen über mehrere Stunden randaliert und mit Böllern auf Menschen und Straßenbahnoberleitungen geschossen. Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) kündigte kurz darauf hartes Vorgehen gegen Beteiligte mit Asylstatus an.

Fazit: Ein Video randalierender Jugendlicher in einem Klassenzimmer hat nichts mit der Situation in Österreich zu tun. Es stammt nicht aus einem Wiener Schule, sondern aus Brasilien. In Wien gab es in letzter Zeit auch keinen ähnlichen solchen Fall, bestätigte die Wiener Bildungsdirektion.

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Politik, Gesellschaft

Autor(en): Natalia SANGUINO, Eva WACKENREUTHER, AFP Spanien

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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