Energiekrise: Nein, der Salzgitter AG droht nicht der Konkurs

„Die Salzgitter AG erleidet angeblich Millionenverluste durch die Energiekrise. Möglicherweise stehen wir vor Entlassungen. Die offiziellen Medien sprechen nicht darüber!“ Das behauptet eine Facebook-Seite unter dem Namen „Ernst Lorentz“ am 30. November. Auf dem Foto, das dazu geteilt wird, steht: „Das Unternehmen steht am Rande des Konkurses!“

Es handelt sich hierbei um eine Falschinformation, wie uns ein Pressesprecher des Stahlkonzerns, Thorsten Möllmann, am Telefon bestätigte. Er wies darauf hin, dass die Salzgitter AG für das erste Halbjahr 2022 einen Rekordgewinn verzeichnet habe.

Salzgitter AG verzeichnete im ersten Halbjahr 2022 einen Rekordgewinn

In einer Pressemitteilung der Salzgitter AG vom 11. August 2022 ist die Rede vom „höchsten operativen Halbjahresergebnis“ der Unternehmensgeschichte. Der Krieg in der Ukraine wird darin als Risikoursache bewertet, die trotz des guten Ergebnisses nicht zu verkennen sei: Es komme zu „Störungen der globalen Liefer- und Logistikketten“, außerdem seien die Rohstoff- und Energiemärkte sehr unbeständig, insbesondere wegen der Gaskrise.

Bei der Entwicklung gebe es wegen des Krieges Unsicherheiten, heißt es weiter. Man erwarte im weiteren Jahresverlauf Rückgänge der überdurchschnittlichen Margen. Dennoch rechnete der Konzern für das gesamte Geschäftsjahr 2022 weiter mit einem Gewinn (vor Steuern) zwischen 1,0 und 1,2 Milliarden Euro. Von einem drohenden Konkurs oder Millionenverlusten ist also nicht die Rede.

Ein Facebook-Beitrag über die Salzgitter-AG
Diese falsche Behauptung über die Salzgitter AG wurde auf Facebook verbreitet (Quelle: Facebook; Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)


Fake-Seite schaltete Werbeanzeige mit Falschinformation über den Stahlkonzern

Der Beitrag der Seite „Ernst Lorentz“ wurde Anfang Dezember auf Facebook und Instagram auch als Werbeanzeige verbreitet – das heißt, es wurde Geld bezahlt, damit sie Personen in Niedersachsen gezielt angezeigt wird. Erreicht wurden laut den Angaben im Werbearchiv von Facebook bis zu 3.000 Personen. Bis zu 100 US-Dollar wurden dafür ausgegeben – von wem, ist unklar.

Weil die Anzeige ohne Disclaimer geschaltet war, also nicht als Werbung zu politisch oder gesellschaftlich relevanten Themen gekennzeichnet war, wurde sie offenbar nach einem Tag von Meta entfernt.

Auszug aus dem Werbearchiv von Facebook
Werbeanzeigen auf Facebook können gezielt bestimmten Gruppen angezeigt werden. Die Falschbehauptung über die Salzgitter AG erreichte ausschließlich Personen aus Niedersachsen und da vor allem Männer. (Quelle: Facebook; Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)

Die Facebook-Seite selbst weist gleich mehrere Anzeichen für eine Fälschung auf. So wurde sie erst am 30. November angelegt und veröffentlichte am selben Tag den Beitrag über die Salzgitter AG sowie drei Profilfotos eines unbekannten Mannes. In den Kontaktdaten steht eine Adresse in Salzgitter, die angegebene Internetseite führt aber zu einem Onlineshop für Nahrungsergänzungsmittel.

Seit dem 30. November, also dem Tag, an dem die Seite angelegt wurde, ist sie inaktiv. Dennoch hat sie mehr als 300 Follower. Auch auf den Beitrag mit der Falschbehauptung über die Salzgitter AG gab es einige Reaktionen, darunter stehen etwa Kommentare wie: „Wir brauchen Nordstream 2 und Russland und China“ und „Es ist alles Absicht, eine Plandemie. Die Regierung weiß, was sie tut. So dumm ist die nicht“.

Teil einer konzertierten Aktion, die Falschbehauptungen über Firmen verbreitet

Die Salzgitter AG ist nicht als einziges Unternehmen von derartigen falschen Behauptungen betroffen. Die Facebook-Beiträge sind nach unseren Recherchen Teil einer Kampagne mit Falschinformationen über Schließungen von Firmenstandorten oder Konkurse von Unternehmen. Auch über Siemens, Volkswagen oder BASF wurde behauptet, die Konzerne würden wegen der Energiekrise das Land verlassen.

Die Facebook-Beiträge weisen in allen Fällen zahlreiche Ähnlichkeiten auf, zum Teil sind sie wortgleich und auch die Profile ähneln einander. In mehreren Fällen wurde für die Verbreitung der Beiträge in Form von Werbeanzeigen bezahlt. Sämtliche betroffenen Unternehmen dementieren die Behauptungen. Mehr dazu lesen Sie hier.

Redigatur: Gabriele Scherndl, Viktor Marinov

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Wirtschaft, Gesellschaft

Autor(en): CORRECTIV

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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