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Es gibt keine EU-Pläne für einen «Ukraine-Soli»

Will die Europäische Union (EU) eine Solidaritätsabgabe einführen, um damit Unterstützung für die von Russland angegriffene Ukraine zu finanzieren? Ein Sharepic in sozialen Netzwerken wird die Behauptung aufgestellt, die EU plane angeblich einen «Friedens- und Aufbau-Soli». Demnach müsse jeder und jede Deutsche ab August 2024 mindestens 80 Euro pro Monat zahlen. Doch diese Pläne sind erfunden.

Bewertung

Der EU-Kommission zufolge gibt es keine Pläne für eine EU-Solidaritätsabgabe für die Ukraine. Auch dem Bundesfinanzministerium (BMF) sind weder Pläne noch eine konkret bevorstehende Einführung einer solchen Abgabe bekannt.

Fakten

Auf der Webseite der Europäischen Kommission sowie auf der Seite des Europa-Parlamentes lassen sich keine Informationen über eine Abgabe von 80 Euro pro Monat zugunsten der Ukraine finden. Die Deutsche Presse-Agentur (dpa) hat daher bei der EU-Kommission nachgefragt. Eine Sprecherin der deutschen Vertretung stellte klar: «Es gibt keine derartigen Pläne.»

Auch dem Bundesfinanzministerium (BMF) waren weder Informationen zu einer konkreten Einführung noch Pläne zu einem «Ukraine-Soli» oder ähnlichem bekannt. «Ein solches Instrument wäre im Übrigen mit der aktuellen Rechtslage auch nicht vereinbar: Die EU ist nicht befugt zur Erhebung von Steuern und Abgaben», erklärte eine Sprecherin.

Die EU selbst schreibt: «Über die Höhe der von den einzelnen Bürgerinnen und Bürgern gezahlten Steuern entscheiden deren jeweilige nationale Regierungen, die auch beschließen, wofür die eingenommenen Steuergelder ausgegeben werden.»

Woher die Idee zu einem «Ukraine-Soli» stammt

Ende Dezember 2023 hatte Monika Schnitzer, Vorsitzende des Sachverständigenrates für Wirtschaft («Wirtschaftsweise»), in einem Interview mit der «Rheinischen Post» über die Idee eines «Ukraine-Soli» gesprochen. Dies wäre eine mögliche, unpopuläre Maßnahme, um mit finanziellen Herausforderungen umzugehen, die den Bundeshaushalt im Zuge des Ukraine-Kriegs zusätzlich belasten können. Mehrere Medien (hier und hier) hatten die Aussage aus dem Interview aufgegriffen.

Im Januar 2023 war die Idee auch in einem Meinungsbeitrag der Berliner «Tageszeitung» («taz») thematisiert worden. Hier schrieb der Autor über finanzielle Belastungen, für die der Bund «eine Ergänzungsabgabe zur Einkommensteuer» erheben könnte. Um eine konkrete Einführung, Pläne der EU oder einen konkreten Betrag geht es weder in dem «taz»-Kommentar noch im Schnitzer-Interview.

Möglicherweise steht die Behauptung in einem Zusammenhang zu einer ähnlichen Falschinformation: Die Faktenprüfer von Correctiv hatten in einem Artikel vom 30. Mai Behauptungen widerlegt, wonach der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj angeblich eine Solidaritätsabgabe von 80 Euro von jedem deutschen Bürger verlangt habe. Für diese angebliche Forderung gibt es ebenfalls keine Belege.

Treffen zum Wiederaufbau der Ukraine in Berlin

Die europäischen Hilfen und Unterstützungsleistungen für die Ukraine spielen auch im Wahlkampf vor der Europawahl 2024 eine Rolle. Auf ihrer Webseite informiert die EU-Kommission über Hilfen, Sanktionen und weitere Themen mit Ukraine-Bezug.

Wenige Tage nach der Europawahl ist in Berlin die Ukraine Recovery Conference geplant. Am 11. und 12 Juni 2024 treffen sich Vertreter von Regierungen, dem Privatsektor, der Kommunen und Regionen sowie der Zivilgesellschaft, um sich Fragen zum langfristigen Wiederaufbau der Ukraine nach dem russischen Angriffskrieg zu widmen. Das Hauptziel bestehe darin, «weiterhin internationale Unterstützung für den Wiederaufbau, die Reform und die Modernisierung der Ukraine zu mobilisieren», heißt es.

(Stand: 7.6.2024)

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Politik, Ukraine, EU

Autor(en): dpa

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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