Fehlinformationen rund um das Schussattentat auf Trump legen politische Gräben in den USA offen - Featured image

Fehlinformationen rund um das Schussattentat auf Trump legen politische Gräben in den USA offen

Bereits wenige Minuten nach den Schüssen löste das Attentat auf den ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump eine regelrechte Flut an widersprüchlichen Verschwörungstheorien aus, die die stark polarisierte politische Landschaft vor der US-Wahl im November 2024 widerspiegeln.

Nachdem der 78-Jährige Trump am Samstag bei einer Wahlkampfveranstaltung in Butler im Bundesstaat Pennsylvania angeschossen worden war, wurde er mit Blutspuren im Gesicht von der Bühne gebracht. Bei dem Attentat wurden auch ein Zuschauer getötet und zwei weitere schwer verletzt. Sicherheitskräfte erschossen den Schützen.

Unbegründete Behauptungen, dass die Schießerei „inszeniert“ und das Blut „nicht echt“ war, sowie ein manipuliertes Foto seines Sicherheitspersonals, das nur wenige Augenblicke nach dem Vorfall zu lächeln scheint, sind nur einige der unbegründeten Behauptungen, die soziale Medien überschwemmten.

Screenshot einer Behauptung auf X: 15. August 2024
Screenshot einer Behauptung auf Threads: 15. August 2024

Der schockierende Angriff hat die politischen Spannungen in einer bereits gespaltenen Nation vor den Präsidentschaftswahlen im November noch verschärft, warnten Analysten. Aber nicht nur die Spannungen, auch die Desinformation – mit wilden Spekulationen und Verschwörungstheorien von beiden Seiten des politischen Spektrums.

„Ein Ereignis wie dieses, in einem Moment wie diesem, heizt Verschwörungstheorien enorm an“, sagte Julien Giry von der Universität Tours in Frankreich gegenüber AFP. „Je mehr Bilder man hat, desto mehr Möglichkeiten hat man, einen alternativen Diskurs zu schaffen“, sagte er und fügte hinzu, dass Akteurinnen und Akteure des gesamten politischen Spektrum versuchen würden, daraus Kapital zu schlagen, um „die Schuld auf das gegnerische Lager zu schieben“.

„Niemand ist immun“

Behauptungen, wonach der Täter aus den eigenen Reihen käme oder es sich um eine Operation unter falscher Flagge gehandelt habe, verbreiteten sich äußerst rasant in Onlinemedien. Zudem versuchten Nutzerinnen und Nutzer sozialer Medien, sowohl Trump als auch seinen Kontrahenten der Demokratischen Partei, Präsident Joe Biden, für den Angriff verantwortlich zu machen.

Einige Linke behaupteten, die Schießerei sei von Trump inszeniert worden, um politische Sympathien zu gewinnen, während rechte Anhänger des ehemaligen Präsidenten vermuteten, dass sein Sicherheitspersonal den Angriff auf Anweisung des Weißen Hauses von Biden zugelassen habe.

In sozialen Medien kursierten auch Fotos von verschiedenen Personen, die fälschlicherweise als mutmaßliche Schützen identifiziert wurden, bevor die Behörden den Namen des tatsächlichen Angreifers bekannt gaben.

Screenshot einer Behauptung auf Threads: 15. Juli 2024
Screenshot einer Behauptung auf Facebook: 15. Juli 2024

Der prominente demokratische Politikberater Dmitri Mehlhorn – der den Milliardär Reid Hoffman berät – musste sich entschuldigen, nachdem er den Anschlag als inszeniert bezeichnet hatte.

„Niemand ist immun gegen Verschwörungstheorien“, sagte Anthony Mansuy, Experte für Verschwörungen betreffend die USA, gegenüber AFP. „Der niederschwellige Zugang zu sozialen Medien kann Menschen dazu verleiten, zu glauben, dass wir alle Teil der Untersuchung sind und herausfinden, was genau passiert ist“, fügte er hinzu.

„Absolut falsch“

Einige Nutzerinnen und Nutzer teilten ein Video, in dem zu sehen ist, wie Trumps Sicherheitspersonal versucht, alle von der Bühne runter zu bekommen – dies soll als Beweis für die unbegründete Behauptung, dass es sich bei dem Attentat um einen „Inside-Job“ handelte, dienen.

Ein bearbeitetes Bild zeigt Trumps Sicherheitspersonal, das grinsend den ehemaligen Präsidenten von der Bühne bringt – durch eine umgekehrte Bildsuche konnte das Originalfoto ausfindig gemacht werden, auf dem die Sicherheitsleute nicht lächeln. AFP hat die Behauptung überprüft.

Der Secret Service dementierte am Sonntag die Behauptung, er habe einen Antrag auf mehr Sicherheit bei der Wahlkampfveranstaltung abgelehnt, als „absolut falsch“.

„In einer Situation wie dieser geben soziale Medien Einzelpersonen ein Megafon, um ungefiltert und unzensiert ihre Gefühle oder krude Theorien zu verbreiten und Gleichgesinnte konsumieren das begeistert“, sagte Roy Gutterman, Professor an der Syracuse University in New York, gegenüber AFP. „Dies nährt sicherlich einen Großteil der spaltenden politischen Rhetorik von heute und ist wahrscheinlich auch eine Folge davon“, fügte er hinzu.

Julien Giry von der Universität Tours in Frankreich sagte, dass der Attentatsversuch Trumps Anhängerinnen und Anhänger bestärken werde, „indem er die Tatsache bestätigt, dass dieser Mann bedroht wird“. Einige dieser Menschen glauben, dass der „Deep State“ hinter dem Vorfall steckt. Der „Deep State“ ist eine populäre Verschwörungstheorie in rechtsextremen Kreisen, insbesondere in der QAnon-Bewegung, die behauptet, dass es einen parallelen Geheimstaat gibt, der die Fäden der Welt zum Vorteil privater Gruppeninteressen zieht.

Expertinnen und Experten zufolge haben viele Technologieplattformen die Inhaltsmoderation in letzter Zeit zurückgefahren, was zur Verbreitung von Misinformation weiter beiträgt. Von vielen im gespaltenen Land wird Moderation als Instrument zur Zensur konservativer Meinungen angesehen.

Inmitten einer Flut von Beiträgen können „Falschmeldungen schneller denn je viral werden“, sagte Nora Benavidez, Senior Counsel bei der Organisation „Free Press“, gegenüber AFP. „Das schafft eine perfekte Grundlage für Lügen, falsch gekennzeichnete Inhalte und irreführende Schlagzeilen, die in unsere Feeds gelangen. Wir müssen langsamer werden, durchatmen und alles, was wir sehen, zuerst einmal überprüfen, bevor wir es dann teilen.“

AFP hat bereits mehrere Faktenchecks zu Behauptungen im Zusammenhang mit der US-Wahl veröffentlicht.

Fact Checker Logo

Politik

Autor(en): Erin FLANAGAN / Anuj CHOPRA / Lisa-Marie ROZSA

Ursprünglich hier veröffentlicht.

Nach oben scrollen