Falsch. Milliarden Menschen ernähren sich auch von Insekten. Chitin, das genauso in Pilzen vorkommt, ist ein schwer verdaulicher Ballaststoff. Wie Nüsse oder Krebstiere könnte auch das Chitin der Insekten zwar bei Allergikern Reaktionen auslösen, der Stoff ist aber nicht generell gefährlich oder gar giftig. Ballaststoffe sind wichtig für den menschlichen Stoffwechsel. Morbus Gaucher wiederum ist eine Erbkrankheit und wird nicht durch Nahrungsaufnahme verursacht.
Fakten
Insekten werden schon seit Jahrtausenden von Menschen weltweit verzehrt, in der Europäischen Union gelten sie als neuartige Lebensmittel und müssen jeweils in einem Verfahren zugelassen werden.
Die Rolle des Ballaststoffes Chitin
In den Panzern verschiedener wirbelloser Tiere wie Insekten ist der natürliche Stoff Chitin enthalten. Das Polysaccharid (auch Mehrfachzucker) findet man aber genauso in Algen, Hefen oder Pilzen wie dem Steinpilz oder Pfifferlingen. Chitin ist ein unverdaulicher Ballaststoff.
Aufgrund ihrer anregenden Wirkung auf den Darm haben unverdauliche Ballaststoffe im Allgemeinen eine wichtige Funktion für die menschliche Verdauung. Zu ihnen gehört neben Chitin auch zum Beispiel Cellulose, die in den meisten Pflanzen vorkommt – zum Beispiel in Getreide, Obst und Gemüse.
Chitin wird nach Erkenntnissen der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) vermutlich weitgehend unverändert vom Körper ausgeschieden. Die Behörde wertete diverse wissenschaftliche Studien aus und kommt in ihrem Gutachten von 2022 zu dem Schluss: Hausgrillen-Pulver in den vorgeschlagenen Mengen ist sicher. Auch eine EFSA-Studie von 2010 zu chitinhaltigen Mehlwürmern ergab seinerzeit, dass unter den vorgeschlagenen Verwendungsbedingungen keine Sicherheitsbedenken aufzuwerfen seien.
Falsch dagegen ist die Behauptung, die Aufnahme von Chitin führe beim Menschen dazu, das Morbus-Gaucher-Syndrom zu entwickeln. Die Krankheit ist nach Angaben der Gaucher Gesellschaft eine Erbkrankheit, bei der ein bestimmtes Enzym fehlt.
Morbus Gaucher beruht wie andere Erbkrankheiten auch auf der Übertragung mutierter Chromosomen auf die Nachkommen und bildet sich nicht durch Ess- oder Lebensgewohnheiten aus. Es ist also für die Diagnostik von Morbus Gaucher irrelevant, ob jemand Insekten isst oder nicht.
Das besagen die neuen EU-Regeln
Die EU-Durchführungsverordnung 2023/5 sieht vor, dass seit 24. Januar 2023 ein teilweise entfettetes Pulver aus der Hausgrille (Acheta domesticus, auch als Heimchen bekannt) in der EU vertrieben werden darf – etwa in Brötchen, Backmischungen oder Crackern. Seit 26. Januar gilt das auch für die Larven des Getreideschimmelkäfers (Alphitobius diaperinus). Ähnliche Regeln gibt es schon länger für Wanderheuschrecken und Gelbe Mehlwürmer. Angaben zu Insekten sind auf der Zutatenliste Pflicht.
Bei Allergikern könnten Lebensmittel mit Insektenanteil durchaus Reaktionen auslösen – etwa bei den Menschen, die schon gegen Krebstiere, Weichtiere und Hausstaubmilben allergisch sind. Entsprechende Warnhinweise auf der Verpackung sind verpflichtend, wie die EU-Kommission betont.
Den EU-Verordnungen zufolge (hier und hier) müssen die lateinische und deutsche Insektenbezeichnung in der Zutatenliste auf den Lebensmitteln vermerkt sein. Zudem muss der Allergiehinweis «in unmittelbarer Nähe der Zutatenliste angebracht werden».
(Stand: 7.2.2023)