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Habeck sprach über Investitionsgarantien für deutsche Firmen

Ob mit militärischer Ausrüstung oder durch finanzielle Hilfen: Die Bundesregierung unterstützt die Ukraine bei der Verteidigung gegen den russischen Angriffskrieg. Doch kommt Deutschland nun auch für zerstörte ukrainische Fabrikgebäude auf? Das behaupten zumindest einige Nutzer in sozialen Medien. Als vermeintlichen Beleg teilen sie dazu ein Video von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne).

Dem Clip zufolge hat der Grünen-Politiker gesagt: «Sollten Fabrikgebäude zerstört werden – durch Raketenangriffe beispielsweise – garantiert oder haftet der deutsche Staat. Das machen wir natürlich normalerweise nicht, das ist viel zu gefährlich. Aber in diesem Fall machen wir das und deswegen investiert Fixit ebenfalls.» Im Netz verstehen User das Video so, dass Deutschland für jedes zerstörte Fabrikgebäude in der Ukraine haftet. Doch stimmt das?

Bewertung

Die Aussage von Robert Habeck wurde verkürzt wiedergegeben und aus dem Zusammenhang gerissen. Deutschland kommt nicht für jedes zerstörte ukrainische Fabrikgebäude oder gar zerstörte Straßen oder Brücken auf. Habeck bezog sich auf Investitionen von deutschen Unternehmen in der Ukraine.

Fakten

Das Video zeigt einen Ausschnitt aus einem Interview mit Robert Habeck aus der ZDF-Nachrichtensendung «heute journal» vom 3. April 2023. Es ist auf der Webseite des ZDF sowie in einem Mitschnitt der Sendung bei Youtube zu sehen. Der Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz war an dem Tag für politische Gespräche nach Kiew gereist. Bei dem Besuch ging es um den Wiederaufbau der von Russland angegriffenen Ukraine und die Zusammenarbeit im Energiebereich. Dabei wurde Habeck auch von Vertretern der deutschen Wirtschaft begleitet.

Im Interview mit Christian Sievers spricht Habeck über Anreize für Investoren. Für den Wiederaufbau der Ukraine wird viel Geld benötigt. Investitionen von ausländischen Unternehmen spielen dabei eine zentrale Rolle, weil so Geld für den Wiederaufbau in das zerstörte Land fließen kann. Es geht also um Wirtschaftsförderung für die Ukraine.

Der im Netz verbreitet Clip zeigt einen Ausschnitt von Habecks Antwort auf die zweite Frage des Moderators. Sievers fragt den Minister, welche konkreten Investitionsentscheidungen von deutschen Unternehmen es schon gibt (im Youtube-Video bei Minute 04:28). Habeck verweist zunächst auf den Pharma- und Pflanzenschutzkonzern Bayer. Dieser will 60 Millionen Euro in den Ausbau seiner Saatgutaufbereitungsanlage im ukrainischen Pochuiky investieren.

Zudem werde die Freisinger Fixit Gruppe, die Baustoffe herstellt, «ihre Kapazitäten erweitern, quasi verdoppeln», sagt Habeck (bei Minute 04:44). Das sei auch dringend notwendig. Denn der erste Schritt im Wiederaufbauprozess sei laut dem Minister die Reparatur von kriegsbedingten Schäden an Gebäuden, Straßen und Brücken – für die entsprechende Baustoffe benötigt werden.

Anschließend äußert er sich in Bezug auf diese Vorhaben (bei Minute 05:01): «Wichtig daran ist, dass wir ein Instrument einsetzen, dass wir normalerweise nicht für Kriegsgebiete vorhalten: nämlich eine Investitionsgarantie aussprechen.» Diese Option sei auch für andere Unternehmen möglich, ergänzt Habeck und erklärt die Grundidee: «Sollte dieses Fabrikgebäude zerstört werden – durch Raketenangriffe beispielsweise – garantiert oder haftet der deutsche Staat.» Das sei auch der Grund, warum Fixit nun Geld investierte, so der Minister. Ein Fixit-Geschäftsführer bestätigte das später und sprach von einem «Game Changer».

Investitionsgarantien sichern Unternehmen vor politischen Risiken ab

Habecks Aussage bezieht sich also auf die sogenannten Investitionsgarantien. Dabei handelt es sich um ein politisches Instrument der Außenwirtschaftsförderung. «Investitionsgarantien des Bundes schützen Investitionen von deutschen Unternehmen in Entwicklungs-, Schwellen- und ehemaligen Transformationsländern gegen politische Risiken» schreibt das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) dazu auf seiner Webseite.

Im Grunde geht es darum, deutsche Unternehmen bei weltweiten Investitionen zu unterstützen. Für Firmen kann es beispielsweise wegen besserer Standortbedingungen lukrativ sein, Produktionen ins Ausland zu verlegen. In einigen Ländern birgt die politische Situation aber Risiken, die für Unternehmen nicht kalkulierbar sind.

Um diese vor politischen Krisenfällen zu schützen, setzt an dieser Stelle die Investitionsgarantie an. Damit bekommt das Unternehmen politische Rückendeckung für ein Vorhaben. Der Staat kann dann etwa bei Problemen über diplomatische Beziehungen versuchen zu vermitteln, damit das Projekt nicht scheitert. Zudem erhält das Unternehmen für die Investition (zum Beispiel den Bau einer Fabrik im Ausland) die Garantie einer entsprechenden Entschädigung vom Bund im Falle von Schäden aus bestimmten politischen Gründen.

Habeck versucht dieses Prinzip im Interview anhand des Fabrikgebäudes zu erklären, dass Fixit in der Ukraine trotz des russischen Angriffskrieges und damit verbundener Risiken bauen will. Sollte der Werksneubau im Zuge kriegerischer Auseinandersetzungen, etwa durch Raketenangriffe, zerstört werden, würde Fixit nicht auf den Kosten sitzen bleiben.

Zuletzt wurden elf Projekte in der Ukraine vom Bund gedeckt

Allerdings: Nicht jede Investition im Ausland erhält per se eine solche Investitionsgarantie, sondern sie muss beantragt werden. Es gibt klare Vorgaben, welche Investitionen und Schäden gedeckt werden können. Das BMWK schreibt zudem: «Investitionsgarantien können nur für förderungswürdige Projekte übernommen werden.» Das Investitionsvorhaben muss sowohl auf das Anlageland als auch auf die Bundesrepublik Deutschland positive Auswirkungen haben – etwa Arbeitsplätze sichern oder schaffen. Ebenfalls spielen Umwelt-, sozial- und menschenrechtliche Aspekte eine Rolle, heißt es.

Laut Wirtschaftsministerium sicherte die Bundesregierung zuletzt elf Projekte in der Ukraine mit 21 Investitionsgarantien mit einer Kapitaldeckung von insgesamt 221 Millionen Euro ab. Drei davon sind seit Russlands Überfall auf die Ukraine am 24. Februar vergangenen Jahres hinzugekommen. Weitere 21 Anträge mit einer Kapitaldeckung von insgesamt 48 Millionen Euro waren laut Ministerium noch offen.

(Stand: 14.4.2023)

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Politik, Wirtschaft, Ukraine

Autor(en): dpa

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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