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In Grafenwöhr gilt weiterhin deutsches Recht

Seit Ende des Zweiten Weltkriegs sind in Deutschland US-Streitkräfte stationiert, rund 38.000 Soldaten waren es im Jahr 2022. Ihr größter Truppenübungsplatz befindet sich im bayerischen Grafenwöhr. Dieses Gebiet soll angeblich «aus der deutschen Gesetzlichkeit ausgegliedert» und den Vereinigten Staaten als «exterritoriales Gebiet überstellt» werden, ist im Netz in einem Video zu hören. Darüber hinaus würden dort angeblich auf Moskau gerichtete Hyperschallraketen stationiert. Was ist da dran?

Bewertung

Der Truppenübungsplatz Grafenwöhr gehört zu Deutschland, es gilt dort deutsches Recht. Eine Stationierung von Hyperschallwaffen müsste von der Bundesregierung genehmigt werden. Sowohl der Pressesprecher der amerikanischen als auch der Vertreter der deutschen Streitkräfte dementierten, dass sich auf dem Gelände solche Systeme befinden.

Fakten

Der Standort Grafenwöhr ist ein Nato-Truppenübungsplatz, der von der US-Armee verwaltet wird und Teil der US-Heeresgarnison Bayern ist. Dadurch ist das Gebiet allerdings weder rechtlich noch territorial «ausgegliedert».

Hausrecht oder Hoheitsrechte – wer darf was?

Das Gelände in Grafenwöhr wird unter anderem auch von der Bundeswehr genutzt. Der deutsche militärische Vertreter dort ist Oberstleutnant Florian Rommel. Auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur (dpa) stellt er klar: «Grafenwöhr ist deutsches Staatsgebiet, der Grund und Boden gehört der Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA).»

Der Übungsplatz sei den US-Streitkräften zur ausschließlichen Nutzung überlassen worden. Gemäß NATO-Truppenstatut und dessen Zusatzabkommen hätten die Soldaten dort deutsches Recht zu achten, so der Oberstleutnant weiter. Zugleich seien sie vereinfacht gesagt jedoch die Hausherren. «Also ähnlich wie in einer Kaserne der Bundeswehr: Dort kommen Sie auch nur rein, wenn Sie reingelassen werden und dort gelten die Regeln der Bundeswehr – im Rahmen des geltenden Rechts.»

Das bestätigt Dr. Florian Kriener, wissenschaftlicher Referent am Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht (MPIL): «Die Nutzung und Ausübung von Hoheitsrechten auf US-Militärstützpunkten in Deutschland wird maßgeblich durch das „Abkommen zwischen den Parteien des Nordatlantikvertrages über die Rechtsstellung ihrer Truppen“, das Nato-Truppenstatut, geregelt.»

Dort sei in Artikel II festgelegt, dass Truppen sowie deren zivile Angehörige beim Einsatz im Land einer anderen Vertragspartei das dortige Recht zu befolgen haben. Insofern bleiben auch die Hoheitsrechte weiterhin bestehen, erklärt Kriener. «Allerdings beschränken die Aufnahmestaaten in umfassender Weise ihre Kompetenzen in Fragen der Rechtsdurchsetzung und Rechtsverfolgung.» In der Praxis bedeute das etwa, dass für Ermittlungen auf US-Militärstützpunkten die Strafverfolgungsbehörden der USA zuständig seien.

Nutzung von Militärstützpunkten in Deutschland

Die Nutzung militärischer Liegenschaften in Deutschland ist im Zusatzabkommen zum Nato-Truppenstatut geregelt. Hier heißt es in Artikel 53 ebenfalls, dass dort grundsätzlich deutsches Recht gilt. Ausgenommen davon sind interne Belange auf dem Stützpunkt wie Organisation oder Truppenführung, solange diese keine Auswirkungen auf Rechte Dritter, umliegende Gemeinden oder die Öffentlichkeit haben.

Auch bei einer ausschließlichen Nutzung durch ausländische Streitkräfte besteht eine Konsultations- und Kooperationspflicht mit den deutschen Behörden. Das heißt, dass diese der konkreten Nutzung zustimmen müssen, erklärt Kriener vom MPIL. «Daraus folgt, dass die USA die Zustimmung der Bundesrepublik Deutschland einholen muss, wenn sie bestimmte Aktivitäten auf einem Militärstützpunkt durchführt. Die Stationierung bestimmter Waffensysteme fällt darunter.»

So auch im Fall der im Video angesprochenen Hyperschallraketen. An solchen Waffentypen forschen die Vereinigten Staaten zwar, bislang werden sie jedoch unter anderem aus politischen und wirtschaftlichen Gründen nicht eingesetzt – auch nicht in der Oberpfalz: «Ich kann sicher sagen, dass in Grafenwöhr keine Systeme mit internationaler Reichweite stationiert sind», teilte Oberstleutnant Rommel auf dpa-Anfrage mit.

Auch der Pressesprecher der US-Heeresgarnison Bayern, Franz Zeilmann, bestätigte ergänzend: «Es befinden sich keine Hyperschallraketen auf dem Truppenübungsplatz Grafenwöhr und mir sind auch keine Pläne dafür bekannt. Bei einer Aufstellung solcher Waffensysteme in Deutschland müsste die Bundesregierung zustimmen.»

(Stand: 28.3.2024)

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Politik, Technologie

Autor(en): dpa

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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