Nasa-Bericht über CO2-Belastung behauptet nicht, dass argentinische Kühe das Klima nicht beeinflussen - Featured image

Nasa-Bericht über CO2-Belastung behauptet nicht, dass argentinische Kühe das Klima nicht beeinflussen

Am 7. März 2023 wurde eine Studie zur Analyse der weltweiten Kohlenstoffdioxidemissionen veröffentlicht, der eine positive Bilanz für Argentinien zieht. Infolgedessen behaupteten Viehzuchtorganisationen, Medien sowie Nutzerinnen und Nutzer sozialer Netzwerke, dass die Kühe des Landes „die Umwelt nicht belasten“. Die Untersuchung bezieht sich jedoch in keiner Weise auf argentinische Rinder. Darüber hinaus bestätigte der Hauptautor der Studie gegenüber AFP, dass der Artikel keine Rückschlüsse auf die Kontamination durch Nutztiere in irgendeinem Land zulässt.

Die Behauptung wurde in spanischen Beiträgen auf Facebook und Twitter (hier, hier und hier) geteilt. Außerdem griffen ab dem 11. März 2023 spanischsprachige Nachrichtenportale die Behauptung auf.

Die Behauptung: „Die Nasa entlarvt einen Mythos  über argentinische Kühe“, heißt es in einem Twitterbeitrag mit einem Foto einer Kuh. Ein anderes Twitterkonto behauptet: „Die argentinischen Kühe verschmutzen nicht die Umwelt, laut Nasa.“

Screenshot der Behauptung auf Twitter: 16. März 2023

AFP hat weitere Faktenchecks zum Thema Umwelt veröffentlicht: hier, hier und hier.

Ursprung der falschen Information

Die Beiträge, in denen behauptet wird, dass „argentinische Kühe nicht die Umwelt belasten“, stützen sich auf eine Studie, die am 7. März 2023 in der Fachzeitschrift Earth System Science Data veröffentlicht wurde. Die Studie, die von 60 Forschenden durchgeführt wurde, trägt den Titel „Nationale CO2-Haushalte (2015-2020), abgeleitet aus atmosphärischen CO2-Beobachtungen zur Unterstützung der globalen Reserven“.

Die Studie beziffert die Zu- und Abnahmen der atmosphärischen CO2-Konzentration von 2015 bis 2020 in mehr als 100 Ländern auf der Grundlage von Messungen des Nasa-Forschungssatelliten Orbiting Carbon Observatory 2 (OCO-2) in Kombination mit einem Netzwerk von oberflächenbasierten Beobachtungen.

Userinnen und User teilten daraufhin eine Weltkarte, auf der die Länder in verschiedenen Farben gemalt und mit verschiedenen Reliefs hervorgehoben sind. Durch eine Rückwärtssuche mit Google Lens konnte AFP feststellen, dass das Bild einem Artikel entnommen wurde, der am 7. März 2023 auf der Nasa-Website veröffentlicht wurde, in dem die erwähnte Forschung vorgestellt wurde.

Screenshot einer Karte, die Teil der Nasa-Pressemitteilung ist, erstellt am 16. März 2023

 

Der Text erklärt, dass die Forschung „einen neuen Blick darauf bietet, wie viel Kohlenstoffdioxid in diesen Ländern ausgestoßen wird und wie viel davon der Atmosphäre durch Wälder und andere kohlenstoffabsorbierende ‚Senken‘ innerhalb ihrer Grenzen entzogen wird.“

In einer Anmerkung ist erklärt, dass sich die Farben und Reliefs auf der Karte auf die CO2-Absorption zwischen 2015 und 2020 beziehen. Länder, in denen mehr Kohlenstoffdioxid abgebaut als ausgestoßen wurde, sind in Grüntönen dargestellt, während Länder, in denen mehr CO2 ausgestoßen als abgebaut wurde, in Rot dargestellt sind. Daraus geht hervor, dass in Südamerika die Länder Argentinien, Uruguay, Paraguay, Bolivien, Peru und Ecuador eine positive Bilanz der CO2-Emissionen aufweisen.

Auf der Grundlage dieser Daten veröffentlichte das Institut zur Förderung des argentinischen Rindfleisches (IPCVA) am 9. März 2023 einen Artikel, in dem es behauptet, dass „die Nationale Luft- und Raumfahrtbehörde der USA (Nasa) zeigt, dass die Viehzucht in unserem Land [Argentinien, Anm. d. Red.] die Umwelt nicht verschmutzt“. Diese Aussage des IPVCA diente als Quelle für die darauffolgenden Behauptungen, einschließlich der Berichte in den nationalen Medien.

Keine Rede von Kühen oder Argentinien

Allerdings wird weder in dem von Earth System Science Data veröffentlichten Bericht noch in dem auf der Nasa-Website veröffentlichten Artikel Argentinien genannt, und es wird auch nicht auf die von der Viehzucht verursachten Emissionen eingegangen.

Auf Anfrage von AFP sagte der Physiker und Hauptautor der Studie, Brendan Byrne am 15. März 2023: „Aus unserer Studie kann nicht geschlossen werden, ob die Viehwirtschaft in einem bestimmten Land netto eine Quelle oder ein senkender Faktor von Treibhausgasen ist.“

Byrne, der auch Wissenschaftler am Jet Propulsion Laboratory der Nasa ist, erklärte,  dass seine Studie neben CO2 „andere Treibhausgase wie Methan (CH4) und Dickstoffoxid (N2O)“ nicht berücksichtige, die, wie er sagt „einen bedeutenden Teil der gesamten Treibhausgasemissionen von Vieh und anderen Wiederkäuern ausmachen“. Der Physiker betonte: „Diese anderen Gase müssen bei dem Nachweis berücksichtigt werden, ob die Viehwirtschaft eine Nettoquelle von Treibhausgasen ist.“

Treibhausgase durch Kühe

Nach Angaben der Nasa ist der Treibhauseffekt die Art und Weise, in der Wärme in der Nähe der Erdoberfläche durch „Treibhausgase“  eingeschlossen wird. Sie „schließen die Wärme wie eine Art Decke um die Erde ein“ und halten den Planeten wärmer, als er es ohne die Treibhausgase wäre. Zu den Treibhausgasen gehören Kohlendioxid, aber auch Methan, Stickstoffoxide und Wasserdampf.

Der argentinische Wissenschaftler Darío Gómez ist Mitglied im Weltklimarat (IPCC). Auf die Frage, ob Kühe umweltschädliche Gase ausstießen, antwortete Gómez am 16. März 2023, dass dies der Fall sei und dass die Tiere „selbst Methan ausstoßen und die Bewirtschaftung des Dungs Stickstoffoxid ausstößt. Beides sind Treibhausgase.“

Rinder gehören zu den Hauptverursachern von Treibhausgasen – Adrian LEUNG, John SAEKI, Thorsten EBERDING, Laurence CHU / AFP

Behauptung wird auch in anderen Ländern verbreitet

Die auf Argentinien zugeschnittene Behauptung griffen Medien, Userinnen und User aus anderen Ländern wie Uruguay, Paraguay und Kolumbien auf. Das geschah in Ländern, die auf der von der Nasa veröffentlichten Karte ebenfalls eine positive oder neutrale CO2-Bilanz aufwiesen. Dort kursierte ebenfalls die Behauptung, dass die Rinder in den entsprechenden Ländern keine der Umwelt nicht schaden würden.

Der Nasa-Bericht erwähnt auch keines dieser Länder oder die durch Viehzucht verursachte Klimabelastung in einem dieser Länder.

Fazit: Auch argentinische Kühe tragen zum Klimawandel bei, da sie Treibhausgase wie Methan verursachen. Die positive CO2-Bilanz Argentiniens lässt keine Aussagen über Viehzucht zu, wie der Hauptautor der verbreiteten Studie gegenüber AFP bestätigte.

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Wissenschaft, Umwelt

Autor(en): Tomás VIOLA / Martín RASCHINSKY / AFP Argentinien / AFP Deutschland

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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