In der Europäischen Union sollen ab 2035 keine Neuwagen mit Verbrennungsmotoren mehr zugelassen werden, die mit Benzin oder Diesel betrieben werden. Im Kontext dieser Entwicklung kursiert in Sozialen Netzwerken eine Weltkarte, auf der fast nur EU-Länder blau markiert sind. In den Beiträgen auf Facebook, Tiktok und Twitter wird dadurch angedeutet, dass im Grunde nur EU-Länder die Neuzulassung von Autos mit Verbrennungsmotoren ab 2035 verbieten wollen. Ein Facebook-Account kommentiert zum Beispiel: „So sieht die Realität aus: Insbesondere Deutschland ist das einzige Volk, das sich permanent selbst ins Bein schießt.“
Unsere Recherche zeigt: Wie in einem Tweet vom 24. Februar zu erkennen ist, stammt die Vorlage für die Karte aus der Bilddatenbank Alamy. Mit einem Verbrenner-Aus hat sie nichts zu tun – darauf sollten lediglich die Mitgliedstaaten der EU ersichtlich sein. In der bearbeiteten Version wurde zusätzlich zu den EU-Staaten der US-Bundesstaat Kalifornien blau eingefärbt. Das ist irreführend, denn auch in anderen Teilen der Welt wird über Verbote von Verbrennungsmotoren diskutiert. Wir nennen im Folgenden einige Beispiele.
Karte unterschlägt mehrere Länder, die mit Benzin und Diesel betriebene Verbrennungsmotoren verbieten wollen
Das EU-Parlament hatte Mitte Februar 2023 das Ende der Zulassung von Neuwagen mit benzin- oder dieselbetriebenen Verbrennungsmotoren ab 2035 beschlossen. Auch die Produktion und der Verkauf solcher Autos, die ab 2035 erstmals neu zugelassen würden, ist dann verboten. In welchen anderen Staaten der Welt sieht es ähnlich aus?
Kanada setzte sich im Rahmen des 2030 Emission Reduction Plans das „verbindliche Ziel“, dass bis zum Jahr 2035 alle Verkäufe von PKW und leichten Nutzfahrzeuge emissionsfrei sein sollen (PDF als Download).
Großbritannien will neue Verbrenner schon ab 2030 nicht mehr verkaufen, wie die Regierung im Februar 2022 mitteilte. In einer Übergangsphase bis 2035 sollen dann alle neuen Autos emissionsfrei sein.
Chile hat im Rahmen seiner nationalen Strategie für Elektromobilität ganz ähnliche Ziele für Autoverkäufe: Bis 2035 sollen nicht nur alle kleinen und mittelgroßen PKW emissionsfrei sein, sondern auch alle Taxen und Busse des öffentlichen Nahverkehrs, wie die chilenische Regierung im Oktober 2021 erklärte.
Auch Norwegen, das auf der Karte in Sozialen Netzwerken ebenfalls nicht blau markiert ist, hatte schon 2021 erklärt, dass schon bis 2030 alle neu verkauften Autos emissionsfrei sein sollen. Das gilt auch für Busse im öffentlichen Nahverkehr, die entweder elektrisch oder mit Gas fahren sollen.
Neben Kalifornien planen auch andere US-Bundesstaaten ähnliche Schritte
Ebenfalls irreführend auf der Karte: Nicht nur der US-Bundesstaat Kalifornien sieht vor, dass ab 2035 keine Autos mit Benzin- oder Dieselmotoren mehr in den Verkauf gehen sollen. Auch andere US-Staaten haben ähnliche Pläne, darunter New York, Oregon, Washington und Maine.
Die Deutsche Presse-Agentur und die italienische Redaktion Facta nennen in Faktenchecks weitere Beispiele, die auf der Karte nicht eingezeichnet wurden, wie etwa Israel und Island. Die irreführende Karte wurde in mehreren Sprachen verbreitet.
Eine Karte des Magazins Forbes vom 16. Februar 2023 zeigt, wann zwischen 2025 und 2040 welche Länder planen, den Neuverkauf von Autos mit Verbrennungsmotoren einzuschränken. Dabei ergibt sich ein völlig anderes Bild als das, was auf Twitter und Facebook verbreitet wird:
Verbrennerverbot mit Ausnahme: E-Fuels bleiben auch nach 2035 erlaubt
Beim Verbrennerverbot in der EU soll es Ausnahmen geben, wie aus einer Pressemitteilung der Kommission vom 28. März hervorgeht. Synthetische Kraftstoffe, sogenannte E-Fuels dürften demnach weiterhin in der EU eingesetzt werden. E-Fuels sind Kraftstoffe, die mittels Strom aus Wasser und CO2 gewonnen werden und können in Verbrennungsmotoren eingesetzt werden, die heute noch Mineralöl-Treibstoffe nutzen.
E-Fuels sollen klimaneutral sein, weil sie das CO2, das sie bei der Verbrennung freisetzen, zuvor aus der Atmosphäre entnehmen. Jedoch sind E-Fuels umstritten, da der für die Herstellung verwendete Strom ebenfalls aus klimaneutralen Quellen kommen müsste, damit die E-Fuels tatsächlich klimaneutral sind.
Diese Ausnahme gibt es, weil sich zuvor Mitgliedstaaten wie Italien und Deutschland laut Medienberichten gegen ein pauschales Verbrenner-Verbot aussprachen.
Redigatur: Sarah Thust, Matthias Bau