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Sharepic zeigt Windräder in den USA, nicht in Deutschland

Die Bundesregierung setzt im Kampf gegen die globale Erwärmung unter anderem auf einen Ausbau von erneuerbaren Energien – etwa der Windkraft. Doch die Energiewende sorgt auch für Unmut, etwa, wenn es zu Konflikten zwischen Klima- und Naturschutz kommt. Unter dem Motto «Grüner Wahnsinn zerstört unser Land» kursiert derzeit ein Sharepic, dass von deutschen Facebook-Nutzern verbreitet wird. «So viel Wald für eine Windmühle zerstört, die bei Windstille keinen Strom liefert!», steht als Behauptung auf dem Sharepic. Dazu ist ein Bild von Windrädern zu sehen, die mitten in einem Waldgebiet auf kahlen Flächen stehen. Das Sharepic legt nahe, dass es sich um Windräder in Deutschland handelt, für die Wald gerodet wurde. Was hat es damit auf sich?

Bewertung

Das Sharepic ist irreführend: Das Bild zeigt Windkraftanlagen im US-Bundesstaat West Virginia, nicht in Deutschland. Allerdings werden auch in der Bundesrepublik beim Bau von Windrädern in Wäldern Bäume abgeholzt. Wie viel Wald dafür gerodet werden muss, ist unterschiedlich. Im Durchschnitt beläuft sich die dauerhaft umgewandelte Waldfläche pro Windkraftanlage laut der Fachagentur Windenergie auf 0,46 Hektar oder 4600 Quadratmetern.

Fakten

In dem Sharepic ist zwar von Windmühlen die Rede, gemeint sind aber Windkraftanlagen: Bei Windmühlen wird mithilfe eines Windrads ein mechanisches Mahlwerk angetrieben. Die Windräder oder auch Turbinen einer Windkraftanlage hingegen treiben einen Generator an, der die kinetische Windenergie erst in mechanische und dann zu elektrischer Energie umwandelt.Auf dem Foto in dem Sharepic sind Windkraftanlagen zu sehen. Eine Bilderrückwärtssuche liefert als Ergebnis einen Artikel auf der Webseite der Universität von Virginia aus dem Jahr 2007, in dem das Bild verwendet wird. In der Bildunterschrift steht, dass es sich um eine Luftaufnahme eines «Mountaineer Windenergieprojektes» mit 44 Anlagen im US-Bundesstaat West Virginia handelt. Die Quelle oder der Urheber des Bildes werden nicht genannt.

In West Virginia gibt es ein Projekt, auf das diese Informationen zutreffen: Der «Mountaineer Wind Energy Center»– Windpark wurde im Dezember 2002 in Betrieb genommen. Ein Vergleich mit Satellitenbilder von Google-Maps und Google-Earth zeigt, dass es sich auf dem Sharepic-Foto tatsächlich um diesen Windpark handelt.

In Deutschland können Waldflächen für Windkraftanlagen gerodet werden

Das Bild zeigt also keine Windräder in Deutschland. Doch auch hierzulande werden Windkraftanlagen in Wäldern gebaut – und damit Waldflächen gerodet. Die rechtlichen Grundlagen und Auflagen dafür legen verschiedene Gesetze auf Bundes– und Landesebene, etwa die jeweiligen Waldgesetze. Ein generelles Verbot für den Bau von Windkraftanlagen in Wäldern in Thüringen hatte das Bundesverfassungsgericht zuletzt sogar gekippt.

Nach Angaben der Fachagentur Windenergie an Land (FA Wind) waren Ende 2021 in Deutschland 2274 Windenergieanlagen auf Waldflächen in Betrieb. Zum Vergleich: Insgesamt belief sich die Zahl aller aktiven Windkraftanlagen an Land 2021 auf etwa 28 200. In der FA Wind sind «Bund, Länder, die kommunalen Spitzenverbände, Wirtschafts- und Naturschutzverbände sowie Unternehmen» organisiert.

Wie viel Waldfläche wird für eine Windkraftanlage gerodet?

Im Durchschnitt beläuft sich die dauerhaft gerodete Waldfläche laut der FA Wind bundesweit auf 0,46 Hektar (ha). Neben der Anlage selbst beinhaltet dieser Wert auch Zufahrtswege sowie eine Kranstellfläche für Wartungsarbeiten neben dem Bauwerk (etwa 0,15 ha Fläche), die für den Betrieb der Anlage von Bäumen dauerhaft freigehalten werden müssen. Die Angabe ist das Ergebnis einer Berechnung auf Grundlage der Daten von 963 Windenergieanlagen. Dazu hat die FA Wind Windparkbetreiber befragt sowie einsehbare Genehmigungsbescheide und Informationen aus dem Portal der Länder für Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) untersucht.

Neben der dauerhaft umgewandelten Waldfläche kann es zudem notwendig sein, dass für die Bauphase temporär weitere Waldflächen gerodet werden, die aber anschließend wieder aufgeforstet werden müssen. Die durchschnittliche Fläche von temporären Rodungen gibt die FA Wind mit 0,43 Hektar pro Anlage an.

Wie viel Fläche für ein Windrad im Wald mindestens gerodet wird, lässt sich aber nicht pauschal sagen. Denn die Zahlen variieren von Anlage zu Anlage. So verteilen sich etwa die für die Berechnung der FA Wind herangezogenen Werte zur dauerhaften Waldflächenumwandlung zwischen 0,04 ha bis 1,28 ha Waldfläche pro Windkraftanlage.

Wenn für den Bau von Windkrafträdern beispielsweise auf bereits kahle Flächen im Wald zurückgegriffen wird, die etwa durch natürliche Einflüsse wie Schädlingsbefall entstanden sind, kann das außerdem die zu rodende Fläche verringern. Darüber hinaus sehen die Waldgesetze der Länder (beispielsweise hier und hier) für die Umwandlung von Waldflächen als Ausgleich für den Eingriff in die Natur oftmals Kompensationsmaßnahmen vor, etwa Neuaufforstungen an anderer Stelle.

Naturschützer bemängeln Waldrodung

Derweil ruft der Bau von Windkraftanlagen in Wäldern regelmäßig Kritik von Naturschützern hervor. Bäume gehören zu den natürlichen Kohlenstoffsenken, in denen das Treibhausgas CO2 gespeichert wird. Zudem bieten Wälder einen Lebensraum für Tier- und Pflanzenarten. Naturschützer unterstützen die Energiewende zwar, fordern dabei aber einen naturverträglichen Ausbau der Windenkraft.

In der Debatte um den Ausbau der Erneuerbaren Energien verbreiten vor allem User im Netz aber immer wieder auch Falschinformationen. So hat sich die Deutsche Presse-Agentur in der Vergangenheit etwa mit der falschen Behauptung beschäftigt, «Windrad-Monster» seien «die größten Wald-Killer».

(Stand: 6.4.2023)

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Klimawandel, Politik, Umwelt

Autor(en): dpa

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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