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Türkischer Innenminister äußerte sich drei Tage vor dem Erdbeben

Das Erdbeben in der Türkei und in Syrien wird von zahllosen Falschinformationen im Netz begleitet. Unter anderem kursiert ein Video, das nahelegt, der türkische Innenminister Süleyman Soylu habe den amerikanischen Botschafter in Zusammenhang mit der Katastrophe kritisiert. In einem Facebook-Beitrag heißt es, die Türkei habe folgende Erklärung abgegeben: «Es gibt keine Zufälle, und das haben wir dem amerikanischen Botschafter auch gesagt. Die Türkei hat vor einer Woche die Erweiterung der NATO um weitere Mitglieder abgelehnt und wurde dann von einem katastrophalen Erdbeben heimgesucht. Ich sage euch deutlich: Hände weg von der Türkei! Ich weiß genau, was ihr getan habt, welche Schritte unternommen habt und wie ihr die Türkei in Unruhe versetzen wollt.» Doch so hat sich Soylu nicht geäußert.

Bewertung

Das Video entstand drei Tage vor dem Erdbeben und hat damit nichts zu tun. Der Satz über die Nato ist in der Rede nicht gefallen.

Fakten

Am Morgen des 6. Februar 2023 erschütterten schwere Erdbeben die Türkei und Syrien. Zehntausende starben. Das Video, das sich in sozialen Medien zusammen mit der angeblichen Erklärung der Türkei verbreitet, ist jedoch älter.

Es zeigt den türkischen Innenminister Süleyman Soylu bei einer Rede am Freitag, 3. Februar, bei einer Veranstaltung der türkischen Migrationsbehörde in Antalya. Videos, Bilder und der Redetext sind auf der Webseite des türkischen Innenministeriums und auf der Webseite der Migrationsbehörde verfügbar. Von «Nato» oder «Erdbeben» («Deprem») ist darin keine Rede.

Soylu hat die Passage auch selbst auf Twitter veröffentlicht. In seiner Rede spricht Soylu zunächst über die türkische Einwanderungspolitik und kommt dann auf den Umgang mit Terrorverdächtigen unter Migranten zu sprechen. die aus seiner Sicht in der Türkei gut läuft und in Europa schlecht. Hier setzt seine Generalkritik an den USA und europäischen Ländern an.

Dahinter steckt ein Streit um geschlossene Konsulate: Bereits am Tag zuvor, am 2. Februar, hatte Soylu einigen westlichen Ländern in einer Rede vorgeworfen, einen «neuen psychologischen Krieg» gegen die Türkei führen zu wollen. Sie hätten Ende Januar vor Anschlägen gewarnt, ausgerechnet an einem Tag, an dem sich die Türkei zum Ziel gesetzt habe, 60 Millionen Touristen im Jahr anzuziehen, sagte Soylu. Über diese Äußerung hatte auch die Deutsche Presse-Agentur berichtet.

Deutschland, die USA und mehrere andere europäische Länger hatten ihre Staatsbürger vor einem erhöhten Anschlagsrisiko in der Türkei gewarnt. Hintergrund sind islamfeindliche Aktionen in Europa wie etwa eine Koranverbrennung in Schweden.

Am Donnerstag, 2. Februar, schloss dann das deutsche Generalkonsulat in Istanbul aus Sicherheitsgründen. Auch andere Vertretungen blieben geschlossen, darunter das schwedische Generalkonsulat in Istanbul und die Botschaft in Ankara, die Schweizer Botschaft und das Konsulat in Istanbul sowie das britische und das französische Generalkonsulat in Istanbul.

(Stand: 20.2.2023)

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Politik, Katastrophen

Autor(en): dpa

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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