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Video zeigt Blitzableiter und Vermessungsmarkierungen an einer Kirche

In einem Video, das als Reel auf Facebook geteilt wurde, wird behauptet, man sehe darin angeblich «ein altes tatarisches Gebäude, in dem noch die ursprünglichen Steckdosen für die Stromübertragung vorhanden sind». Ein Mann zeigt in dem Video dann mehrere Details, die dies beweisen sollen.

Bewertung

In dem Video sieht man Blitzableiter und Vermessungsmarkierungen an einer Kirche. Historiker und Archäologen betrachten die Tataria-Verschwörungserzählung als pseudowissenschaftlich und unbelegt.

Fakten

Die Anhänger der Tataria-Verschwörungserzählung behaupten, dass dieses angeblich globale Imperium über fortschrittliche Technologien wie kostenlose Energie, Schwebetechnologie, hoch entwickelte Bautechniken und ein effizientes Transportnetzwerk verfügte.

Um das zu beweisen, wird oft auf alte Gebäude mit technischen Details verweisen, die angeblich zu fortschrittlich für die Zeit sind, in der sie erbaut wurden. So soll das verbreitete Video vermeintliche Belege dafür liefern, dass die Tataren in der Lage gewesen sein sollen, «Energie aus der Luft» zu gewinnen.

Bei dem in dem Video zu sehenden Gebäude handelt es sich um die St.Oswald‘s Kirche im Ort Oswestry in der englischen Grafschaft Shropshire nahe der Grenze zu Wales. Nach Angaben der Kirche steht seit mehr als 1000 Jahren ein Gotteshaus in Oswestry. Nach dem englischen Bürgerkrieg wurde ein Neubau der zerstörten Kirche 1670 fertiggestellt. Die Kirche wurde im 19. Jahrhundert renoviert.

Blitzableiter am Kirchturm

Zunächst wird in dem Video (0:10) behauptet, es führe ein starkes Erdungskabel vom Kirchturm in den Boden. Dessen Aufgabe sei es, «die Antennen daran zu hindern, Energie zum Boden zu schicken, wo sich die Steckdose befindet». Es handelt sich bei dem gezeigten Kabel aber um einen schlichten Blitzableiter am Turm. Später wird in dem Video ein zweiter Blitzableiter an der anderen Turmseite gezeigt und ebenfalls fälschlicherweise als Kabel zur Unterbindung von Energie-Transfers identifiziert.

Angebliche Steckdose ist eigentlich Landvermessungsmarkierung

Die vermeintliche Steckdose an der Außenwand (Video 0:20) hat mit dem angeblichen Strom aus Antennen ebenfalls nichts zu tun. Es handelt sich vielmehr um eine Landvermessungsmarkierung. Das gezeigte einzementierte Teil mit der Nummer 2646 und den Buchstaben OSBM ist ein sogenanntes «Flush Bracket», von dem Tausende in ganz England zu finden sind. All diese «Benchmarks» sind in Datenbanken gelistet. Deshalb findet sich auch die angeblich «tatarische Steckdose» als «Ordnance Survey Flush Bracket 2646» im Internet.

Auf der Suche nach weiteren Beweisen zeigt der Autor des Videos (0:33) auch eine in die Außenwand gemeißelte Markierung, in deren Mitte sich ein metallischer Bolzen befindet. Auch dies bezeichnet er als «Steckdose». Tatsächlich handelt es sich auch hier um das Werk von Landvermessern. Die Markierung mit einer waagerechten Linie und drei ins Zentrum weisenden Linien mit einem ebenfalls waagerecht geritzten Bolzen heißt offiziell «Survey Cut Mark with Bolt» und dient Technikern als Marke bei der Höhenfestlegung.

Steckdosen zur Stromübertragung sind erst im 20. Jahrhundert entwickelt wurden. Als ihr Erfinder gilt der US-Unternehmer Harvey Hubbell, der seinerzeit entsprechende Patente eintragen ließ.

(Stand: 16.6.2023)

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Wissenschaft, Gesellschaft

Autor(en): dpa

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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