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Balsa nicht in allen Windrädern verbaut – Nutzung strittig

Für die Einhaltung ihrer Klimaziele setzen viele Regierungen weltweit auf die Nutzung erneuerbarer Energien wie Wind und Sonne. Ein großer Streitpunkt in Deutschland sind immer wieder Windräder. Dabei geht es nicht nur um deren Standorte und die Auswirkungen auf die Landschaft, sondern zuweilen auch um ihre Herstellung. So verbreitet sich in sozialen Medien etwa der Vorwurf, für die Rotorblätter einer einzigen Windkraftanlage müssten rund 150 Balsabäume gefällt werden. «Was wird dafür abgeholzt? Genau, der Regenwald», so die Behauptung.

Bewertung

Es stimmt, dass Balsaholz teilweise im Windradbau zum Einsatz kommt. Doch findet der Rohstoff bei Weitem nicht in jeder Anlage Verwendung. Balsaholz ist keine bedrohte Pflanzenart. Die Windenergiebranche sieht in der Verwendung eine umweltschonende Möglichkeit, mit dem schnell wachsenden Rohstoff eine klimafreundliche Energienutzung möglich zu machen. Umweltorganisationen kritisieren aber durchaus die Verwendung von Balsaholz.

Fakten

Was ist Balsaholz?

Diese Baumart ist nach Angaben der Weltnaturschutzunion (IUCN) auf den Westindischen Inseln sowie in Mittel- und Südamerika heimisch. Daneben gibt es aber auch Balsa-Plantagen – sowohl in diesen Regionen als auch in zahlreichen anderen tropischen Ländern wie China, Indien, Indonesien, Malaysia, Philippinen, Sri Lanka, Simbabwe, Kamerun, Ghana oder Papua-Neuguinea. Mancherorts gilt die Art als invasiv.

Der Balsabaum wächst schnell und kann bis zu 30 Meter hoch werden. Der Stammdurchmesser wird mit 1 bis 1,20 Meter angegeben. Es handelt es sich bei der Pflanze um eine relativ kurzlebige Art, die zwischen 25 und 50 Jahre alt wird. Sie regeneriert sich gut.

Der Balsabaum ist der IUCN zufolge weit verbreitet und reichlich vorhanden. Er gehört nicht zu den bedrohten Pflanzenarten. Die Organisation erachtet den Baum mit dem botanischen Namen Ochroma pyramidale als «nicht gefährdet» («Least Concern»). Das bedeutet, dass die Art nach den IUCN-Kriterien der Roten Liste beurteilt und nicht in die Kategorien «vom Aussterben bedroht», «stark gefährdet», «verletzlich» oder «potenziell gefährdet» eingestuft wurde. Der Baum gilt demnach nicht als biologisch bedroht.

Wie wird der Baum wirtschaftlich genutzt?

Das Holz ist fest und zugleich leicht und biegsam. Daher ist Balsa etwa bekannt für seine Verwendung im Hobby- und Handwerksbereich: Unter anderem stellen Architekturbüros Gebäudemodelle daraus her. Aufgrund seiner Schwimmfähigkeit wird es zudem genauso für den Bau von Surfbrettern genutzt.

In großem Umfang ist Balsa nach IUCN-Angaben weltweit nachgefragt, um im Verbund mit anderen Werkstoffen wie Kunst-, Glas-, oder Kohlefaserstoffen eine Gesamtkonstruktion zu stabilisieren. In dieser Form wird das Holz in vielen Industriezweigen verwendet: etwa in der Schifffahrt, im Straßen- und Schienenverkehr, in der Luft- und Raumfahrt, in der Industrie und im Bauwesen – und eben auch im Bereich erneuerbare Energien.

«Durch seine hohe Festigkeit bei gleichzeitiger Flexibilität ist Balsaholz ein beliebtes Material für den Kern im Innern der Rotorblätter», erklärt der Bundesverband Windenergie in einer Informationsbroschüre. Allerdings finde Balsaholz immer weniger Verwendung in Windrädern. Stattdessen würden in Deutschland spezielle Kunststoffe, PET und PVC-Schaum genutzt. Im März 2022 gibt der Branchenverband an, dass Balsaholz nur in etwa 30 Prozent der Rotorblätter verbaut wird, «Tendenz weiter fallend». Es sei davon auszugehen, dass diese Kunststoffe das Balsaholz als Werkstoff in naher bis mittlerer Zukunft vollständig ersetzen werde, heißt es.

Auch die Umweltschutzorganisation Rettet den Regenwald schreibt, dass bestimmte Hersteller «zunehmend PET-Schaumstoff, zum Teil sogar aus Recycling» für den Windradbau nutzen. PET ist ein aus Erdöl hergestelltes Chemieprodukt.

Das schottische Daten- und Analyseunternehmen Wood Mackenzie prognostizierte in seinem Marktreport von 2020, dass der PET-Anteil in Windkraftanlagen von 20 Prozent im Jahr 2018 auf mehr als 55 Prozent im Jahr 2023 steigen wird.

Das dänische Unternehmen Vestas, einer der weltweit größten Windturbinenhersteller, teilte Ende 2021 der Plattform «Open Democracy» mit, dass es die Verwendung von Balsaholz erheblich reduziert habe und stattdessen alternative Materialien einsetze. Nur zwei seiner Turbinenmodelle habe noch Rotorblätter mit Balsaholz. Dort mache das Holz «nur noch 150 Kilogramm pro Blatt aus».

Wie viel Balsaholz steckt in Windrädern?

Der verbreitete Social-Media-Post gibt an, allein in einer Windkraftanlage würden 150 Balsabäume verbaut. Auch wenn es natürlich auf die jeweilige Größe der Windräder und der Bäume ankommt und es verschiedene Zahlen je nach Quelle gibt, ist der Wert dennoch viel zu hoch angesetzt. Das zeigt etwa der dem Post zugrunde gelegte Report von Rettet den Regenwald aus dem Jahr 2022.

In dem Bericht, der das Geschäft mit dem Rohstoff kritisch unter die Lupe nimmt, ist nämlich überhaupt nicht die Rede von 150 Bäumen, sondern von einer viel geringeren Zahl. Es heißt über Windräder mit Rotorblättern von 81 Metern Länge: «Bei drei Blättern pro Windkraftanlage sind das 40 Kubikmeter Holz, was mindestens 40 Balsa-Bäumen entspricht.»

Wie viele Kubikmeter Balsa in einem Rotorblatt verwendet werden, darüber gehen die Angaben durchaus auseinander:

  • Der Senckenberg Gesellschaft für Naturforschung zufolge befinden sich in einem rund 50 Meter langen Rotorblatt 15 Kubikmeter Holz des Balsabaums.
  • Nach Angaben eines Artikels des «Economist» von 2021 haben Ingenieure des US National Renewable Energy Laboratory, das auf dem Gebiet der erneuerbaren Energien forscht, errechnet: Für ein 100 Meter langes Blatt seien 150 Kubikmeter Balsaholz nötig.
  • Für den Bundesverband Windenergie wiederum sind Medienberichte, die von 150 Kubikmetern ausgehen, übertrieben. Nach Rücksprache mit Unternehmen in Deutschland und Europa hält er in etwa 5 bis 6 Kubikmeter pro Rotorblatt für realistisch.

Allen Angaben gemeinsam aber ist: Nimmt man an, dass ein Balsabaum 30 Meter hoch ist und einen Stammdurchmesser von rund 1 Meter hat, dann ist es abwegig, dass pro Rotorblatt – wie im Post behauptet – 50 Bäume verbraucht werden würden.

In Deutschland lag im Jahr 2022 der mittlere Rotordurchmesser bei 137 Metern – also bei weniger als 70 Metern pro Rotorblatt.

Wie sieht es mit der Nachhaltigkeit aus?

Rotorblätter haben eine Lebenszeit von etwa 25 Jahren. Das Recycling der enthaltenen Verbundstoffe, bei denen Balsaholz mit anderen Werkstoffen verklebt wurde, ist kompliziert. Der Senckenberg-Gesellschaft für Naturforschung zufolge ist es aber dank neuer mechanischer Verfahren möglich, die Einzelteile wieder zu trennen und einzeln weiterzuverwerten. Aus dem Balsaholz entstehen demnach später Dämmstoffe und Verpackungen.

Gibt es trotzdem Kritik an der Verwendung von Balsaholz?

Durchaus. Die weltweite Nachfrage nach dem Rohstoff führt mitunter zu illegalen Rodungen, Raubbau und Schwarzhandel. Naturschutzorganisationen bemängeln zudem, dass teilweise natürlicher Regenwald für Balsabaumplantagen abgeholzt wird.

Einerseits teilt der Bundesverband Windenergie für deutsche und europäische Hersteller mit, diese würden beim Einkauf von Balsaholz auf Herkunftsnachweise sowie weltweit anerkannte Zertifizierungen und Standards achten, sodass etwa Arbeitnehmerrechte, Arbeitsschutz, Rechte der indigenen Bevölkerung vor Ort aber auch Umweltauflagen beachtet werden. Damit soll etwa ausgeschlossen sein, dass Holz aus illegalen Rodungen oder aus zuvor umgewandelten natürlichen Wäldern verbaut wird.

Andererseits kritisieren Umweltorganisationen wie Rettet den Regenwald diese Praxis und argumentieren etwa, dass Holzplantagen große Landflächen belegten und als Monokulturen nicht die vielfältigen ökologischen und sozialen Funktionen von natürlichen Wäldern erfüllten. Ein weiterer Vorwurf: Auf den Plantagen würden glyphosathaltige Herbizide versprüht.

Es ist allerdings ein grundlegendes Problem: Um die internationalen Klimaziele zu erreichen, muss sich nach Ansicht von Experten die Weltwirtschaft schneller von fossilen Energieträgern lossagen. Um den Stromverbrauch von Bevölkerung, Wirtschaft und Industrie weiterhin zu decken, braucht es also klimafreundliche Alternativen wie die Nutzung der Windenergie. Naturschutzorganisationen pochen darauf, dass diese Formen der erneuerbaren Energie ethisch und nachhaltig sind.

(Stand: 16.6.2023)

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Klimawandel, Politik, Umwelt

Autor(en): dpa

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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