Ein Junge liegt auf dem Boden, über ihm schwebt eine Kamera. Menschen stehen um ihn herum. Jemand rückt den Arm des Kindes in Position. Im Herbst 2023 macht dieses Video in sozialen Netzwerken die Runde – meist in Verbindung mit dem Vorwurf, hier würden Gewalttaten im Konflikt zwischen Israel und der Hamas inszeniert. «…und sie zeigen Angeblich Tote Israelis die von Hamas getötet worden sind…», schreibt zum Beispiel ein Nutzer (Schreibweise im Original). Doch in Wahrheit steckt etwas anderes dahinter.BewertungDer Videoclip zeigt Dreharbeiten für den Kurzfilm «Empty Place» aus dem Jahr 2022. Darin geht es um Ereignisse aus dem Jahr 2015.FaktenIn dem Video ist dauerhaft das Logo des Netzwerks Tiktok zu erkennen, außerdem der Username «mohamadawawdeh938». Auf Tiktok gibt es kein Profil mehr mit diesem Namen, doch in einem Internet-Archiv lässt sich das Video auf dem gleichnamigen Account noch finden. Es wurde im Mai 2022 archiviert.Die URL, also Webadresse des Tiktok-Videos, leitet aktuell weiter auf den Accountnamen «awawdehproduction». Das Video ist mit derselben Identifikationsnummer auf diesem Account nach wie vor online – und auf 21. April 2022 datiert.Auf Arabisch steht dort, dass das Video Dreharbeiten zu einem Film über Ahmed Manasra zeige. Die Geschichte des jungen Palästinensers hat Regisseur Awni Eshtaiwe unter dem Titel «Empty Place» 2022 verfilmt.
Manasra wurde im Jahr 2015 im Alter von 13 Jahren von der israelischen Polizei verhaftet und zu einer langen Haftstrafe verurteilt, weil er an einer Messerstecherei in einer jüdischen Siedlung beteiligt gewesen war. Medien berichteten weltweit und auch in Deutschland ausführlich über den Fall. Dieser erregte vor allem Aufmerksamkeit, weil Manasra noch so jung war. Vor seiner Festnahme war er von einem Auto angefahren und verletzt worden. Organisationen wie die Vereinten Nationen sowie Amnesty International forderten 2022 seine Freilassung.
Die Szene mit dem jungen Schauspieler am Boden ist eindeutig auch im Kurzfilm ab Minute 1:10 zu sehen. Seine Kleidung und Position stimmen überein, weitere Details wie die Kameraposition sind identisch – im Kurzfilm ist der Junge von oben zu sehen.
Im April 2022 bestätigte der Regisseur des Kurzfilmes der Nachrichtenagentur Reuters und dem Sender France 24, dass die in den sozialen Medien kursierende Szene während des Filmdrehs entstand.
Denn bereits vor dem tödlichen Angriff der palästinensischen Terrororganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 wurde der Clip fälschlicherweise als Inszenierung des Konfliktes zwischen Israelis und Palästinensern bezeichnet. Im Oktober 2023 wurde er erneut häufig geteilt mit Bezug auf die jüngste Eskalation in Nahost.
(Stand: 25.10.2023)