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Nein, Frankreich hat den Abbau von Uran im Niger nicht ausgesetzt

Seit dem Putsch im Niger am 26. Juli 2023 kursieren Behauptungen in sozialen Netzwerken, dass die Junta den „kostenlosen“ Abbau von Uran – die wichtigste Ressource in einem der ärmsten Länder der Welt – ausgesetzt habe. Dies ist falsch. Der französische Konzern Orano hat dementiert, den Betrieb im Niger eingestellt zu haben. Orano und die französischen Behörden weisen gleichfalls die Behauptung zurück, dass ausschließlich Frankreich vom Uran profitiere. Das zeigen sowohl Daten der nigrischen Behörden als auch ein internationaler Bericht.

„Niger setzt mit sofortiger Wirkung den kostenlosen Uranabbau durch den sterbenden Schurkenstaat Frankreich aus. Ohne Afrika bleibt Frankreich ein Auto ohne Treibstoff“, heißt es in einem französischsprachigen Beitrag auf X (ehemals Twitter), der einen Ausschnitt eines sichtlich alten Videos teilt. In der Aufnahme sieht man, wie der ehemalige Präsident der zentralafrikanischen Republik Jean-Bedel Bokassa (1921-1996), der von 1966 bis 1979 über das Land herrschte, Frankreich beschuldigt, in seinem Land kostenlos Uran abzubauen, ohne eine Gegenleistung zu erbringen.

„Seit 1966 bauen sie ab, sie beuten aus, aber sie haben nie einen Franc bezahlt“, sagt Bokassa und fügt später hinzu, dass „weder Frankreich noch die Schweiz einen Franc für all das Erz gezahlt haben“.

In einem Video, das auf X verbreitet wird, steht in roter Schrift auf schwarzem Hintergrund: „Warum zahlt Frankreich Niger und der Zentralafrikanischen Republik nichts für den Abbau von Uran?“

X-Screenshot der Behauptung: 8. August 2023

AFP hat rund um die Krise im Niger bereits andere Behauptungen widerlegt: hier und hier.

Eine Stichwortsuche nach „Bokassa beschuldigt Frankreich und die Schweiz, Uran abzubauen“ auf Französisch führte zu demselben französischsprachigen Videoausschnitt, der auf X geteilt wurde. In diesem längeren Ausschnitt, der auf Youtube zu sehen ist, erwähnt Bokassa an keiner Stelle das Uran des Nigers, sondern das seines Landes, der Zentralafrikanischen Republik.

Screenshot der Google-Suchergebnisse, erstellt am 8. August 2023

Warum wird dieses alte Video seit dem Sommer 2023 wieder verstärkt geteilt? Laut Alexandre Amani, Koordinator bei der Nichtregierungsorganisation (NGO) Tournons la page Côte d’Ivoire (hier archiviert), „handelt es sich um alte Anschuldigungen, die im Zusammenhang mit der Krise im Niger wieder hervorgeholt werden, um zu versuchen, Internetnutzerinnen und -nutzer in ihrem Verständnis der aktuellen Ereignisse in Niger zu beeinflussen“.

Nach dem Staatsstreich im Niger am 26. Juli 2023 hatte die Wirtschaftsgemeinschaft der westafrikanischen Staaten (Ecowas) der Militärjunta, die die Macht übernommen hatte, ein Ultimatum gestellt, in dem die Rückkehr zur verfassungsmäßigen Ordnung unter Androhung von „Gewalt“ gefordert wurde. Als das Ultimatum am 7. August 2023 auslief, ordnete die Ecowas am 10. August 2023 die Entsendung einer „Standby-Truppe“ an, um die Ordnung im Land wiederherzustellen (hier archiviert).

Auch wenn diese „Standby-Truppe“ laut dem ivorischen Präsidenten Alassane Ouattara „so schnell wie möglich“ eingreifen soll, hofft die westafrikanische zwischenstaatliche Organisation immer noch auf eine friedliche Lösung der Krise und hat weder einen Zeitplan noch die Anzahl oder Herkunft der ihr angehörenden Soldaten angegeben.

Die Generalstabschefs der Ecowas sollten am 12. August 2023 in Ghana zusammentreffen, wie AFP am 11. August 2023 aus regionalen Militärquellen erfuhr. Dieses Zusammentreffen wurde jedoch auf den 17. und 18. August 2023 verschoben (hier archiviert).

Alexandre Amani sagte zu dem verbreiteten Video gegenüber AFP am 3. Juli 2023, dass „diese Art von unbegründeten Informationen oder Videos, die aus dem eigentlichen Kontext gerissen wurden und keinerlei Bezug zu Niger haben, reichlich in westafrikanischen sozialen Netzwerken und insbesondere in Whatsapp-Gruppen kursiert“.

Für den Koordinator der ivorischen NGO, die Schulungen und Programme zur Bekämpfung von Desinformation durchführt, „ähneln diese Vorwürfe des kostenlosen Uranabbaus dem ‚Skandal‘ um zentralafrikanische Diamanten, in dem Jean-Bedel Bokassa – zu Recht oder zu Unrecht – (den französischen Wirtschaftsminister und späteren Präsidenten) Valéry Giscard d’Éstaing beschuldigte, die ihm geschenkten Edelsteine verkauft zu haben, ohne einen Cent an sein Land abzuführen“.

Laut Orano wird Betrieb fortgesetzt 

Wenn in diesem alten Video nicht vom Niger die Rede ist, was ist dann mit der Behauptung, dass das Land den Uranabbau durch Frankreich mit sofortiger Wirkung ausgesetzt habe?

Lastwagen, die mit uranhaltigem Gestein beladen sind. Foto aus der Arlit-Mine von Orano (ehemals Areva) im Norden Nigers am 25. Februar 2005 – PIERRE VERDY / AFP

Der französische Konzern Orano (hier archiviert), ehemals Areva, ist seit den 1970er-Jahren durch drei Tochtergesellschaften im Niger vertreten. Auf AFP-Anfrage versicherte Orano in einer E-Mail vom 3. August 2023, dass seine „operativen Tätigkeiten an den Standorten Arlit, Akokan und dem Hauptsitz in Niamey fortgesetzt werden“. Weiter hieß es: „Die Vereinbarungen, die den Staat Niger binden, werden nicht in Frage gestellt.“ In der E-Mail wird insbesondere „das am 2. Mai 2023 unterzeichnete globale Partnerschaftsabkommen“ genannt, das den Betrieb von Somaïr, der einzigen noch in Betrieb befindlichen Uranmine des Konzerns im Norden Nigers, bis 2040 verlängert.

Über die Antwort von Orano hinaus gab es von nigrischer Seite keine offizielle Ankündigung, den Uranabbau aussetzen zu wollen.

Tochtergesellschaften 

Laut dem anderen Vorwurf, der Frankreich im Bokassa-Video gemacht wird, baut das Land angeblich Uran aus dem Niger ab, ohne irgendeine Art von Gegenleistung zu erbringen.

Der französische Staat hält zwar mit 90 Prozent fast das gesamte Kapital von Orano (hier archiviert). Aber „Frankreich als Staat baut im Niger kein Uran ab. Das macht Orano. Es handelt sich um ein französisches Unternehmen, das Vereinbarungen mit dem Staat Niger hat. Dieses Unternehmen hat Tochtergesellschaften, nämlich Cominak, Somaïr und Imouraren S.A. Diese Einheiten operieren alle in Übereinstimmung mit dem nigrischen Bergrecht“, erklärte Ludovic  Dupin gegenüber AFP am 2. Juli 2023. Er ist Informationsdirektor der Société française de l’énergie nucléaire (Sfen), die Ingenieurinnen, Ingenieure und Wissenschaftlerinnen sowie Wissenschaftler aus dem Bereich der Kernenergie vertritt. Außerdem ist Dupin Chefredakteur der französischen Fachzeitschrift „Revue Générale Nucléaire“.

Orano S.A. besitzt über Orano Mining – das sich zu 100 Prozent im Besitz von Orano S.A. befindet – 63,4 Prozent von Somaïr (die restlichen 36,6 Prozent hält der nigrische Staat) und 69 Prozent von Cominak (31 Prozent gehören dem nigrischen Staat). Letztere hat 2021 nach Erschöpfung der Ressourcen den Betrieb eingestellt, wie auf Seite 28 des Geschäftsberichts von 2022 festgehalten ist (hier archiviert).

Der französische Konzern hält über Orano Expansion, das zu 95,3 Prozent der Orano S.A. gehört, auch einen Anteil von 66,65 Prozent an Imouraren, benannt nach dem Standort, an dem der Konzern Studien zur Erschließung dieses Uranvorkommens durchführt, das zu den größten der Welt gehört.

Besteuerung

Wie jedes Unternehmen unterliegen die Tochtergesellschaften von Orano der lokalen Besteuerung – Bergbausteuern und Körperschaftsteuer. Der nigrische Staat kann seinerseits auch die Gewinne aus der Vermarktung des Urans aus seinem Produktionsanteil kassieren, sowie Dividenden der Unternehmen, an denen er beteiligt ist, sollte diese Dividenden zahlen.

Was zahlt Orano wirklich an den nigrischen Staat zurück?

Auf der Website der nigrischen Präsidentschaft, die Ende Juli 2023 archiviert wurde, heute aber nicht mehr aktiv ist, heißt es, dass Somaïr und Cominak in den fünf Jahren von 2016 bis 2020 dem nigrischen Staat „durchschnittlich kumulierte Jahreseinnahmen von 170.223.000.000 CFA-Franc“ eingebracht hätten – das sind rund 260 Millionen Euro (Umrechnung mit dem Wechselkurs vom 10. August 2023).

„Dies gilt ohne Berücksichtigung der Dividenden aus dem Verkauf des von der Société de Patrimoine des Mines du Niger (Sopamin) entnommenen Beitragsanteils, der von ihrer Beteiligung an den Aktien dieser beiden Bergbauunternehmen und vielen anderen abhängt“, heißt es in dem Text, ohne die genauen Beträge zu nennen.

Der Niger ist seit 2011 Mitglied der Extractive Industries Transparency Initiative (EITI), einer Multi-Stakeholder-Organisation, die sich aus Regierungen, Unternehmen, und zivilgesellschaftlichen Organisationen zusammensetzt, wie auf der Website erklärt wird (hier archiviert). Ihr Ziel ist die „Stärkung der Regierungsführung und Rechenschaftspflicht“ der Behörden in Ländern mit Bodenschätzen und der abbauenden Unternehmen.

In diesem Zusammenhang gibt ein EITI-Bericht über den Niger, der 2020 von der Multi-Stakeholder-Initiative und der US-amerikanischen Firma BDO (hier archiviert) erstellt und im Dezember 2022 veröffentlicht wurde (hier archiviert), Aufschluss über die Zahlungen, die der nigrische Staat im Zusammenhang mit dem Abbau seiner Uranvorkommen erhalten hat.

Auf Seite 28 des Dokuments heißt es, dass Somaïr und Cominak, an denen Orano beteiligt ist, im Jahr 2020 10,02 beziehungsweise 8,02 Milliarden CFA-Franc (rund 15,3 beziehungsweise 12,2 Millionen Euro) an staatliche Stellen gezahlt haben, während Orano Mining 55 Millionen CFA-Franc (circa 83.800 Euro) gezahlt hat.:

Screenshot des EITI-Berichts von 2020 über die Rohstoffindustrie im Niger, erstellt am 11. August 2023

Außerdem veröffentlicht Orano in seinem CSR-Jahresbericht (Corporate Social Responsibility) die Zahlungen (Produktionsrechte, Steuern, Abgaben, Gebühren, Dividenden etc.) an die Behörden der Länder, in denen der Konzern tätig ist, gemäß dem französischen Handelsgesetzbuch (hier archiviert), aber auch im Rahmen der EITI-Initiative, an der Orano ebenfalls teilnimmt.

Im Jahr 2022 zahlte der französische Konzern den nigrischen Behörden somit insgesamt 9.636.038.725 CFA-Francs (rund 14,7 Millionen Euro), darunter etwa 1,5 Milliarden CFA-Francs an Steuern und etwas mehr als vier Milliarden CFA-Francs an Lizenzgebühren (Prozentsatz des entnommenen oder abgetretenen Produktionswerts). Das geht aus diesem Dokument hervor (hier archiviert).

Screenshot einer Tabelle aus dem CSR-Bericht von Orano von 2022, erstellt am 11. August 2023

Orano gibt außerdem öffentlich eine Zusammenfassung (hier archiviert) der gezahlten Beträge gemäß den Bestimmungen des französischen Rechts, der EITI-Initiative und des kanadischen Rechts (Gesetz über Transparenzmaßnahmen im Rohstoffsektor, ESTMA) bekannt.

Screenshot einer Übersichtstabelle aus dem CSR-Bericht 2022 von Orano, erstellt am 11. August 2023

„Direkte Vorteile“ 

Diese Zahlungen gelten als direkte Übertragungseffekte, als Vorteile für den Niger.

Seit der Gründung von Bergbauunternehmen im Niger bis Ende 2021 habe der Staat Niger „direkte wirtschaftlichen Vorteile“ der Bergbauunternehmen in Form von Bergbaulizenzen,  anderen Steuern und Abgaben sowie Dividenden genossen, argumentiert Orano.

Auch Ludovic Dupin, Informationsdirektor von Sfen, betont, dass auf lokaler Ebene Arbeitsplätze durch Rohstoffunternehmen geschaffen würden. Somaïr beschäftige beispielsweise 800 Mitarbeitende und eine „entsprechende Anzahl von Subunternehmern“, steht auf Seite 30 des Jahresberichts von Orano.

Die Gruppe mache auch die „indirekten Auswirkungen geltend, die aus den Löhnen bestehen, die den Beschäftigten der Bergbauunternehmen in Niger gezahlt werden, sowie aus den lokalen Einkäufen, die von diesen Unternehmen getätigt werden und zur Entwicklung der Region Agadez beigetragen haben.“ Das gilt auch für Aktionen zugunsten der Bevölkerung, zum Beispiel „das Agrar- und Ernährungsprogramm zur Entwicklung des Irhazer-Tals für 17 Millionen Euro“.

Darüber hinaus seien auch andere Länder an diesem Erz interessiert, betonte Ludovic Dupin, zum Beispiel Kanada über die Global Atomic Corporation und GoviEx Uranium sowie China über die China National Nuclear Corporation (CNNC).

Die nigrische Präsidentschaft bestätigt das auf ihrer Website. Das nigrische Bergbauministerium teilte AFP Ende 2022 mit, dass „31 Genehmigungen zur Erschließung von Uran und elf Uranabbautitel in Kraft sind“ (alle Unternehmen zusammengenommen).

In diesem Zusammenhang kann man nicht sagen, dass der Niger überhaupt nichts vom Abbau seines Urans durch den französischen Konzern erhalte.

Kritisierte Freistellung 

Dennoch hat der Niger historisch gesehen nur wenig vom Reichtum seiner Bodenschätze profitiert. Die Uran-Frage hat sich mehrmals zu einem wirtschaftspolitischen Tauziehen zwischen dem Niger und Frankreich entwickelt.

Die von Orano an Niamey gezahlten Beträge, die in den oben genannten Berichten erwähnt werden, erreichen nur einige Dutzend Millionen Euro jährlich, und im Jahr 2020 trug das nigrische Uran nicht mehr als 1,2 Prozent zum Staatshaushalt bei (hier archiviert).

Der nigrische Staatshaushalt (4,4 Milliarden Euro, hier archiviert) entsprach 2022 fast dem Umsatz von Orano (4,2 Milliarden Euro, hier archiviert).

Dabei schrieb der französische Konzern im Jahr 2022 rote Zahlen und verzeichnete einen Nettoverlust von 377 Millionen Euro (gegenüber einem Gewinn von 678 Millionen Euro im Jahr 2021), was auf die Kosten für den Rückbau von Kernanlagen zurückzuführen ist.

Der Beitrag des gesamten Rohstoffsektors (Kohlenwasserstoffe sowie Uran-, Gold- und Kohlebergwerke) zum Wohlstand des Landes, gemessen an seinem Beitrag zum Bruttoinlandsprodukt (BIP), bleibt gering.

Laut dem jüngsten EITI-Bericht für den Niger entfielen im Jahr 2020 auf den gesamten extraktiven Sektor etwas mehr als 45 Prozent der nigrischen Exporte, aber nur 7,67 Prozent des BIP des Landes und 6,52 Prozent der nigrischen Staatseinnahmen. In Bezug auf Beschäftigung, für die Daten nur bis 2019 verfügbar waren, war der Anteil nur 4,48 Prozent:

Screenshot des EITI-Berichts 2020 über die Rohstoffindustrie im Niger, erstellt am 11. August 2023

Der Beitrag der Uranexporte zum Wohlstand des Nigers lässt sich auch dadurch erklären, dass die weltweiten Uranpreise relativ niedrig bleiben (unter 60 US-Dollar pro Pfund Ende Juli 2023): Auch wenn sie sicherlich weit höher sind als nach der Atomkatastrophe von Fukushima, ist der Preis weit von den 140 US-Dollar von 2007 entfernt.

Im Jahr 2007 forderte und erhielt Präsident Mamadou Tandja eine 40-prozentige Erhöhung des Kaufpreises für Uran durch Areva.

Als 2013 das Abkommen zwischen Orano und Niger neu verhandelt wurde, forderte die NGO Oxfam, dass diese Gespräche die Gelegenheit bieten sollten, das Kräfteverhältnis (hier archiviert) zwischen dem Giganten Areva und dem Niger, einem der ärmsten Länder der Welt (hier archiviert), neu auszurichten.

Oxfam hatte 2013 insbesondere mehrere „Ausnahmen“ von Steuern angeprangert, von denen der französische Konzern profitierte, sowie die Möglichkeit des Konzerns, einen Teil seiner Gewinne der Körperschaftsteuer zu entziehen.

Die Verhandlungen dauerten 18 Monate, bis im Mai 2014 (hier archiviert) die Abkommen zwischen dem Konzern, der damals noch den Namen Areva trug, und dem Niger unterzeichnet wurden. Der zentrale Streitpunkt waren die Steuerbefreiungen für Areva, und der Niger erreichte in dem Abkommen, dass das Bergbaugesetz von 2006 angewendet wurde. Das Gesetz sieht eine Abgabe von 12 Prozent des Wertes des abgebauten Erzes vor. Vorher waren es 5,5 Prozent.

Die Vereinbarung sah jedoch vor, dass Somaïr und Cominak umgekehrt einem „Mechanismus zur Neutralität der Mehrwertsteuer“ unterliegen würden – was laut einer damals von AFP befragten, mit dem Dossier vertrauten Quelle bedeutete, dass sie letztlich von der Mehrwertsteuer befreit würden.

Der Uranabbau und der Umgang mit den Hinterlassenschaften nach Abschluss des Abbaus schüren zudem Sorgen bei der lokalen Bevölkerung und NGOs (hier archiviert).

Berechnung des Uranpreises 

Eine weitere Falschinformation, die in sozialen Netzwerken verbreitet wurde, war, dass der Preis für Uran angeblich einseitig von Frankreich und Orano festgelegt worden sei.

„Frankreich legt nicht den Uranpreis im Niger fest. Den Uranpreis bestimmt der internationale Markt“, sagte Anne-Claire Legendre, Sprecherin des französischen Außenministeriums, während einer Pressekonferenz zur Lage im Niger am 31. Juli 2023.

Laut Orano wird der Preis „in Absprache mit dem Staat Niger festgelegt, entweder auf der Grundlage einer Formel, die ihn an Marktindikatoren bindet, oder auf Grundlage eines festen Werts für ein Jahr, der nahe an Marktpreisen liegt. Das unterscheidet sich nicht von dem, was in den meisten uranproduzierenden Ländern praktiziert wird“.

Orano betonte außerdem: „Im Gegensatz zu anderen Rohstoffen ist Uran nicht an der Börse notiert. Es gibt jedoch sehr wohl einen internationalen Markt, und unabhängige Organisationen (beispielsweise UxC und TradeTech) veröffentlichen Indizes für Spotpreise (Preise, die an einem Tag X für den nächsten Tag festgelegt werden, Anm. d. Red.) und langfristige Preise. Der Spotpreis für Uran liegt seit dem 19. Juli 2023 stabil bei 56,20 bis 56,50 US-Dollar pro Pfund.“ (Archivierte Links hier und hier)

Dies wird vom Niger bestätigt. Auf der Website der nigrischen Präsidentschaft steht auch, „dass der Preis für den Verkauf von Uran, der ‚Prix Niger‘, zwischen Staat und Staat, das heißt, zwischen Niger und Frankreich ausgehandelt wird. Er wird also nicht von Orano durchgedrückt“. Außerdem heißt es: „Seit 2014 wird eine neue Formel verwendet, um den Kaufpreis für Bergbauunternehmen durch die Aktionäre von Cominak und Somaïr zu bestimmen.“

Diese Formel, die im EITI-Bericht von 2020 über die Transparenz des Rohstoffsektors im Niger in Erinnerung gerufen wurde, berechnet den ‚Prix Niger‘ auf der Grundlage der Spot- und Langzeitpreise für Uranoxid.

Screenshot des EITI-Berichts 2020 zum extraktiven Sektor im Niger, erstellt am 11. August 2023

Diese Desinformationswelle über Uran aus dem Niger und Frankreich nutzt auch die Abhängigkeit Frankreichs von nigrischem Uran aus.

Alain Antil, Direktor des Zentrums Subsahara-Afrika am Französischen Institut für Internationale Beziehungen (Ifri), sagte Ende Juli 2023 gegenüber AFP, dass der Niger „nicht mehr der strategische Partner von Paris“ sei, „wie er es in den 1960er- und 1970er-Jahren gewesen sein mag“. Nach Angaben des Technischen Komitees Euratom war der Niger im Zeitraum von 2005 bis 2020 der drittgrößte Natur-Uranlieferant Frankreichs und trug 19 Prozent zu dessen Lieferungen bei, hinter Kasachstan und Australien und vor Usbekistan.

Die Wissenschaftlerin Teva Meyer forscht zu ziviler Kernenergie an der französischen Universität des Oberelsass in Mühlhausen. Sie erklärte gegenüber AFP Ende Juli 2023: „Zwischen dem Zeitpunkt, an dem Uran abgebaut wird, und dem Zeitpunkt, an dem es als Brennstoff in einem Kernkraftwerk verwendet wird, können Jahre vergehen, da es viele verschiedene Verarbeitungsschritte gibt.“ Weiter sagte sie: „Frankreich, wie auch Europa, verfügt über strategische Uranvorräte in allen Verarbeitungsstufen, die dem Verbrauch von zwei Jahren entsprechen.“

Für Orano machten seine Aktivitäten in Afrika und im Nahen Osten im Jahr 2022 nur zwei Prozent des Umsatzes aus, wie man im jährlichen Geschäftsbericht des Konzerns nachlesen kann. Das Unternehmen positioniert sich stärker in Kanada, Kasachstan und der Mongolei.

In sozialen Netzwerken werden zahlreiche unbegründete Behauptungen verbreitet, dass das Militär als Reaktion auf die Sanktionen gegen den Niger angeblich alle Uranexporte einstellen wollte, doch das Militär hat keine entsprechenden Ankündigungen gemacht.

Nigers Präsident Mohamed Bazoum bei einem Treffen mit UN-Generalsekretär Antonio Guterres im Präsidentenpalast in Niamey am 2. Mai 2022 – AFP / ISSOUF SANOGO

Fazit: Frankreich baut im Niger nicht kostenlos Uran ab. Auch das Land profitiert von den wirtschaftlichen Aktivitäten, unter anderem des französischen Konzerns Orano. Auch die Abbauaktivität wurde nach dem Staatsstreich nicht eingestellt. Das bestätigten Behörden und der Konzern selbst gegenüber AFP.

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Politik, Wirtschaft

Autor(en): SUY Kahofi / Gaëlle GEOFFROY / AFP Elfenbeinküste / AFP Deutschland

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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