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Bundesbeauftragte riet Unternehmen zur Bestandsaufnahme, nicht zu «Registern»

Wird in Unternehmen bald genau notiert, welcher Arbeitnehmer welche Hautfarbe hat? Ein solches Szenario wird in einem Artikel beschrieben. «Ein verpflichtendes Hautfarben-Register» sei angeblich von der Bundesbeauftragten für Antidiskriminierung Ferda Ataman vorgeschlagen worden. Ziel: Die Vielfalt in Unternehmen zu fördern. Hat Ataman ein solches Register vorgeschlagen oder gar eine Pflicht angekündigt?

Bewertung

Es gibt keine Äußerung Atamans über ein «Hautfarben-Register». Sie hatte in einem Interview Unternehmen geraten, «eine Bestandsaufnahme zu machen, wie vielfältig ihre Belegschaft schon sei». Auf Nachfrage sagt Ataman, ihre Äußerungen seien «mutwillig und gezielt verdreht» worden.

Fakten

Das «Handelsblatt» hat am 23. Mai 2023 einen Artikel zum Thema Diversität in Unternehmen veröffentlicht, der sich auf ein Gespräch mit der Antidiskriminierungsbeauftragten Ferda Ataman stützt. Darin heißt es: «Die Antidiskriminierungsbeauftragte rät Unternehmen, erst einmal eine Bestandsaufnahme zu machen, wie vielfältig ihre Belegschaft schon sei. „Häufig wird Diversität noch mit Frauenförderung gleichgesetzt“, kritisiert sie. Dabei heiße Vielfalt auch, Menschen mit unterschiedlicher sexueller Identität, Religion oder Herkunft in den Blick zu nehmen.» Verbreitet wurden die Äußerungen auch auf dem Twitter-Account der Antidiskriminierungsstelle des Bundes.

Hintergrund ist unter anderem eine neue EU-Richtlinie, die bestimmte, vor allem größere Unternehmen verpflichtet, in Lageberichten über das Thema Diversität Auskunft zu geben.

Von einem «Hautfarben-Register» oder einem «Diversity-Register» ist im «Handelsblatt»-Bericht allerdings nicht die Rede. Über Online-Suchen finden sich auch keine anderen Quellen, in denen sich Ataman so geäußert haben könnte. Der Begriff geht mutmaßlich auf einen Boulevardjournalisten zurück, der in einem Video Überlegungen zu dem Handelsblatt-Bericht anstellt und sagt: «Das heißt ja de facto: Hautfarben zählen. Regierung will Hautfarben-Register für Unternehmen.» Von Atamans Äußerungen und vom «Handelsblatt»-Bericht ist dieser Satz aber gar nicht gedeckt.

Auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur (dpa) teilt Ataman mit: «Hier haben einige mutwillig und gezielt Äußerungen verdreht.» Im sozialen Netzwerk LinkedIn erläutert sie, was sie mit Bestandsaufnahme beziehungsweise Erfassung gemeint habe: «Das kann zum Beispiel über eine anonyme und freiwillige Befragung der Mitarbeitenden laufen, die in vielen Unternehmen seit Jahren so gemacht wird.» Ataman beklagt sich in dem Posting auch über Desinformation: «Aus „Bestandsaufnahme machen und Diversität überprüfen“ wird „Listen anlegen“. Aus einem Gespräch zu möglichen Diversity-Maßnahmen wird „Bundesregierung plant“ usw.»

Auch auf dpa-Anfrage verweist Ataman noch einmal auf «freiwillige und anonyme Befragungen». Die neuen Berichtspflichten für Unternehmen hingegen würden sich, so Ataman, auf deren Diversity-Konzepte beziehen. Demnach geht es nicht darum, einen «Bestand» zu ermitteln und darüber zu berichten. Die Angaben decken sich mit dem Text der EU-Verordnung.

(Stand: 5.6.2023)

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Autor(en): dpa

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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