Vom Menschen verursachte Treibhausgasemissionen verursachen einen globalen Temperaturanstieg – darüber ist sich die Mehrheit der Klimaforschenden einig. Im Netz heißt es allerdings immer wieder, der menschengemachte Klimawandel sei lediglich erfunden. Der Anteil des vom Menschen ausgestoßenen CO2 an der Atmosphäre betrage lediglich 0,013 Prozent. Laut Umweltbundesamt und Max-Planck-Gesellschaft verändern die vom Menschen verursachten Treibhausgase allerdings den Kohlenstoffkreislauf. Messungen zeigen, dass die CO2-Konzentration in der Atmosphäre seit Beginn des Industriezeitalters deutlich gestiegen ist.
Hunderte User haben seit Ende November entsprechende Postings mit klimaskeptischen Aussagen auf Facebook verbreitet. Auch auf Twitter finden sich die Beiträge wieder.
Die Behauptung: In den Postings heißt es: „Der Anteil menschengemachten CO2s an der Atmosphäre beträgt 0,013 Prozent. Die Klimasekte hat den menschengemachten Klimawandel erfunden.“ Zweck dieses Betrugs sei es, sich am Verdienst durch CO2-Zertifikat und unwirtschaftliche Technologien für erneuerbare Energien zu bereichern.
Immer wieder stellen User in sozialen Netzwerken die Existenz des menschengemachten Klimawandels infrage. AFP prüfte in der Vergangenheit in diesem Zusammenhang etwa Behauptungen, wonach die Erderwärmung natürlich und nicht ungewöhnlich sei oder dass für die Klimaerwärmung nicht der Mensch, sondern die Sonne oder Veränderungen in der Erdumlaufbahn verantwortlich seien. AFP hat zudem Behauptungen widerlegt, Medien würden mithilfe selektiver Temperaturdaten oder manipulierter Wetterkarten die Situation besonders dramatisch darzustellen. Faktenchecks zum Thema Klima sammelt AFP hier.
Wie viel CO2 steckt in der Atmosphäre?
Behauptungen zum Anteil von natürlichem und menschengemachtem Kohlenstoffdioxid in der Atmosphäre kursieren bereits seit Jahren im Netz (hier, hier). Sie deuten damit an, der Anteil des Menschen an der Erderwärmung sei zu vernachlässigen.
Auf den ersten Blick wirkt der Anteil von CO2 in der Atmosphäre tatsächlich klein. Dieser beträgt etwa 0,04 Prozent, wie die US-Raumfahrtbehörde Nasa und die Columbia University in New York online erläutern. Im Jahr 2022 berichteten mehrere Institutionen, darunter die Vereinten Nationen (UN) und die Nationale Ozean- und Atmosphärenbehörde (NOAA) der USA von einem auffallend hohen CO2-Anteil in der Atmosphäre. Das bedeutet allerdings nicht, dass der menschengemachte Klimawandel „erfunden“ ist.
Das vorhandene CO2 in unserer Atmosphäre verstärkt vor allem den sogenannten Treibhauseffekt. Das Bundesumweltamt erklärt den Vorgang so: Vom Menschen erzeugte Treibhausgase wie Kohlenstoffdioxid sammeln sich in der Erdatmosphäre. Die Gase sind durchlässig für kurzwellige Sonnenstrahlung, absorbieren jedoch langwellige Wärmestrahlung. Durch den stetigen Anstieg der Treibhausgaskonzentration in der Erdatmosphäre seit der Industrialisierung verringert sich die ins All abgegebene Wärmestrahlung, wodurch sich das Erdsystem aufwärmt.
Zum Einfluss des Menschen auf die CO2-Konzentrationen schrieb das Umweltbundesamt 2013, es sei zwar richtig, dass innerhalb des natürlichen Kohlenstoffkreislaufs „vergleichsweise große Mengen ausgetauscht werden“. Die CO2-Konzentration steige innerhalb dieses Kreislaufs aber nicht an.
Der Ozean nehme etwa genauso viel Kohlenstoffdioxid wieder auf, wie in die Atmosphäre abgegeben wird, so das Umweltbundesamt. „Die CO2-Nettobilanz für die Atmosphäre ist also praktisch gleich Null. Das Gleiche gilt für die Vegetation.“ Der Mensch sei allerdings eine zusätzliche Quelle für den CO2-Ausstoß. Ein Teil dessen könne von Ozean und Vegetation zusätzlich aufgenommen werden, aber nicht alles. Das Resultat sei ein Anstieg der atmosphärischen CO2-Konzentration.
Auch die Max-Planck-Gesellschaft schrieb 2010, der Mensch verändere den Kohlenstoffkreislauf tiefgreifend, indem er etwa „fossile Treibstoffe verbrennt und Wälder rodet“. Dies schreibt auch die US-Behörde NOAA.
Dieser menschliche Einfluss auf die CO2-Konzentration lässt sich zudem anhand von historischen Daten nachweisen. Wie das Umweltbundesamt erläutert, lag die weltweite Kohlendioxid-Konzentration im Jahr 2021 bei 414.7 ppm. Dabei entspricht ein „ppm“ einem Molekül Kohlendioxid pro einer Million Moleküle trockener Luft. 0,04 Prozent entsprechen damit 400 ppm. Auch die Nasa macht ähnliche Angaben zur CO2-Konzentration in der Atmosphäre.
Im Vergleich dazu habe die Kohlenstoffdioxid-Konzentration in vorindustrieller Zeit noch bei etwa 280 ppm gelegen, so das Umweltbundesamt. So schreibt auch die Max-Planck-Gesellschaft: „Seit Beginn der Industrialisierung vor etwa 150 Jahren ist die CO2-Konzentration in der Atmosphäre als Folge der Verbrennung fossiler Brennstoffe von 280 auf mehr als 400 ppm angestiegen.“ Die Veränderung der CO2-Konzentration hat AFP in folgender Grafik illustriert:
Drastischer Anstieg von Kohlenstoffdioxid
Zur Bestimmung der CO2-Konzentration in vorindustrieller Zeit veröffentlichte AFP bereits in der Vergangenheit einen Faktencheck. Um mehr über die Klimadaten der Vergangenheit zu erfahren, bohren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler seit den 1950er-Jahren in den Eisbohrkernen der Antarktis. In den kleinen Luftbläschen, die im Eis eingeschlossen sind, lässt sich der CO2-Gehalt Hunderttausende Jahre zurückbestimmen, wie die österreichische Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik schreibt (ZAMG).
Solche Eisbohrkerne „geben eine CO2-Konzentration um 1890 von 294 ppm, also in sehr guter Übereinstimmung mit dem Mittelwert aller historischen Messungen“, erklärte Stefan Brönnimann, Leiter der Gruppe für Klimatologie am Geographischen Institut der Universität Bern, am 9. April 2021 gegenüber AFP. Einem Schweizer Forschungsteam gelang es mit dieser Methode im Jahr 2008, mit Eiskernbohrungen zu zeigen, dass der CO2-Wert von 2008 der bis dahin höchste der vergangenen 800.000 Jahre war. Der Wert von 2008 liegt noch einmal deutlich unter dem heutigen Wert.
Auch auf der Website des British Antarctic Survey, dem britischen Polarforschungsprogramm, wird dazu erklärt: „Antarktische Eisbohrkerne zeigen, dass die CO2-Konzentration im letzten Jahrtausend bis zum frühen 19. Jahrhundert stabil war. Dann begann sie zu steigen, und die Konzentration ist heute fast 50 Prozent höher als vor der industriellen Revolution.“
Die Werte der vergangenen Jahrzehnte stammen dagegen aus exakten Luftmessungen. Christian Pfister ist emeritierter Professor für Wirtschafts-, Sozial- und Umweltgeschichte am Historischen Institut der Universität Bern und beschäftigte sich in zahlreichen Publikationen mit Klimageschichte. Er verwies AFP am 8. April 2021 auf eine Forschungsreihe in Mauna Loa in Hawaii.
Dort messen Forschende auf einem Vulkan seit 1958 durchgehend die CO2-Werte in der Luft. Eine Grafik der NOAA zeigt, wie die CO2-Werte seit Messbeginn kontinuierlich steigen – von unter 320 ppm zu Beginn der 1960er-Jahre auf den aktuellen Wert von über 417 ppm Ende November 2022.
Kein Klimawandel durch menschliche Treibhausgase?
Zahlreiche weitere Arbeiten, Forschende und wissenschaftliche Einrichtungen stützen seit Jahren die Vorstellung des Menschen als Treiber des Klimawandels, wie AFP bereits hier berichtete.
Die Veränderung der CO2-Konzentrationen seit Beginn des Industriezeitalters durch menschliche Emissionen ist eine wesentliche Ursache des Treibhauseffekts. Im Fazit eines 2021 erschienenen Berichts des Weltklimarats (IPCC), einer Institution der Vereinten Nationen zur Bewertung des voranschreitenden Klimawandels, heißt es: „Es ist eindeutig, dass der Einfluss des Menschen die Atmosphäre, den Ozean und die Landflächen erwärmt hat.“ IPCC-Berichte gelten als Zusammenfassung des aktuellen Stands der Wissenschaft zu dem Thema.
Der Bericht enthält zudem ein ausführliches Kapitel zur Funktionsweise des Kohlenstoffkreislaufs. Verschiedene Gase tragen dazu bei, dass mehr Sonnenwärme in die Erdatmosphäre eindringt, als diese verlässt. Dem Bericht zufolge betrug der Beitrag von CO2 zu diesem Prozess der Wärmeänderung von 1960 bis 2019 mehr als 60 Prozent.
Eine Aufstellung des „Office of Planning and Research“, einem Forschungsinstitut der kalifornischen Regierung, listet rund 200 Wissenschaftsorganisationen auf der ganzen Welt auf, die ebenfalls die Auffassung teilen, dass der Klimawandel menschengemacht ist.
Zudem veröffentlichten mehr als 40 meteorologische Gesellschaften aus zahlreichen Staaten im Jahr 2021 eine gemeinsame Stellungnahme, in der es hieß: „Die Auswirkungen der vom Menschen verursachten Treibhausgase auf das Klima sind zunehmend und überwältigend deutlich. Die drei wärmsten Jahre seit Beginn der Aufzeichnungen (…) traten alle seit dem Pariser Abkommen von 2015 zur Begrenzung des Klimawandels auf.“
Fazit: Laut Umweltbundesamt und Max-Planck-Gesellschaft verändern die vom Menschen verursachten Treibhausgase den Kohlenstoffkreislauf. Das überschüssige CO2 kann von Ozeanen und Vegetation nicht aufgenommen werden und trägt zum Treibhauseffekt bei. Messungen zeigen, dass die CO2-Konzentration in der Atmosphäre seit Beginn des Industriezeitalters deutlich gestiegen ist. Wissenschaftliche Institutionen sind sich einig: Die vom Menschen ausgestoßenen Emissionen sind eine wesentliche Ursache des Klimawandels.