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EU-Außenbeauftrager betont europäische Interessen in Ukraine

Zum 25. Ramstein-Treffen werden am 12. Oktober unter anderen US-Präsident Joe Biden und sein ukrainischer Amtskollege Wolodymyr Selenskyj in Deutschland erwartet. Vorab macht Desinformation zur europäischen Unterstützung der Ukraine die Runde. Demnach soll der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell in einem Interview gesagt haben: «Wir können Russland nicht gewinnen lassen, nicht, weil wir das ukrainische Volk lieben oder weil uns die Freiheit der Ukraine am Herzen liegt, sondern weil ein globaler Akteur wie die USA in der Region Interessen hat, die wir schützen müssen.» Stimmt das?

Bewertung

Nein, das ist kein Zitat von Borrell. Eine falsche Übersetzung und sinnentstellende Kürzung sowie erfundene Passagen verdrehen seine Aussagen aus einem älteren CNN-Interview.

Fakten

Ein weit verbreiteter 29 Sekunden langer Clip stammt aus einem längeren Interview des US-Nachrichtensenders CNN. Borrell antwortet auf Englisch. Der kurze Ausschnitt hat deutsche Untertitel.

Untertitel unterscheiden sich von angeblichem Zitat

Diesem Untertitel zufolge sagt der EU-Außenbeauftragte: «Wir können Russland in dieser Krise nicht gewinnen lassen. Sonst werden die Interessen der USA und der Europäischen Union zerstört. Es geht nicht nur um Großzügigkeit. Es geht auch nicht darum, die Ukraine zu unterstützen, weil wir die ukrainischen Leute lieben. Es geht um unsere eigenen Interessen, es geht auch um die Interessen der USA als globaler Spieler. Jemand, der als vertrauenswürdiger Partner als Sicherheitsanbieter der Allianzen wahrgenommen werden muss.»

Bereits diese holprige Übersetzung unterscheidet sich von dem angeblichen Zitat, das im Textteil verschiedener Facebook-Posts widergegeben wird. Dort nämlich wird unterschlagen, dass Borrell auch die Interessen der EU anspricht, nicht nur die der USA.

Schon Übersetzung im Video ist unvollständig

Diese Übersetzung im Video ist jedoch auch schon unvollständig und irreführend. Sie erweckt den Eindruck, als unterstütze Europa die Ukraine, um die Interessen der USA zu wahren. Vielmehr hatte Borrell die USA aufgefordert, mehr für die Wahrung der eigenen amerikanischen Interessen zu tun. Dies wird klar, wenn man sich das vollständige Interview anhört, das bereits am 25. März 2024 gesendet wurde.

Die CNN-Journalistin Christiane Amanpour hatte das zehnminütige Interview mit Borell also im Frühjahr geführt. Die US-Militärhilfe für die Ukraine war damals wegen eines Streits zwischen Republikanern und Demokraten im Kongress blockiert. Deswegen drängten vor allem die Europäer die US-Politiker dazu, die eingefrorenen Mittel möglichst rasch freizugeben. Am 23. April 2024 beschloss der Kongress schließlich ein Hilfspaket in Höhe von 61 Milliarden US-Dollar.

Amanpour fragte Borrell im März daher, ob er bei seinem US-Besuch Zusagen erhalten habe, dass die USA die Blockade der Ukraine-Hilfe aufgeben würden. Seine Antwort kann auch in einer Abschrift des Interviews nachgelesen werden.

Passage zu Gründen der EU-Hilfe ist erfunden

«Wissen Sie, die USA haben ein ureigenes Interesse daran, die Ukraine zu unterstützen», sagte Borrell (ab 3:33 Min.): «Andernfalls würden sie Russland einen Freifahrtschein erteilen, und wir wissen, dass wenn wir Russland einen Freifahrtschein geben – denken Sie an die Krim, denken Sie an Syrien, wenn man nicht Engagement und Stärke und echten Willen zur Unterstützung der Ukraine zeigt – wir können es uns nicht leisten, dass Russland diesen Krieg gewinnt, denn sonst werden die Interessen der USA und Europas großen Schaden nehmen.»

«Es geht nicht um Großzügigkeit allein, es geht nicht darum, die Ukraine zu unterstützen, weil wir das ukrainische Volk lieben, es ist in unserem eigenen Interesse», fuhr der EU-Außenbeauftragte fort. «Es liegt auch im Interesse der USA als globaler Akteur, als jemand, der als zuverlässiger Partner und Sicherheitsanbieter für die Verbündeten wahrgenommen werden muss. Deshalb fordern wir die USA auf, sich zu öffnen und den Nachtragshaushalt zu beschließen.»

Was sich nirgends in diesem Interview findet, is die behauptete Äußerung, wonach die EU die Ukraine unterstützen müsse, um US-amerikanische Interessen zu schützen. Dieser Aspekt wurde den Borrell-Aussagen einfach dazugedichtet.

Borrell auf der Linie der Kommissionspräsidentin

Die tatsächliche Aussage des Vize-Präsidenten der EU-Kommission liegt damit ganz auf der Linie von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Sie hatte in einer Rede vor dem Europaparlament am 28. Februar 2024 erklärt, Europa müsse die Verantwortung für seine eigene Sicherheit übernehmen: «Ob mit oder ohne Unterstützung unserer Partner, wir können Russland nicht gewinnen lassen. Und die Kosten der Unsicherheit – die Kosten eines russischen Sieges – sind weitaus höher als alle Einsparungen, die wir jetzt vornehmen könnten. Deshalb ist es an der Zeit, dass Europa aktiv wird.»

(Stand 08.10.2024)

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USA, Politik, Ukraine

Autor(en): dpa

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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