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Französische Regierung beschloss Anhebung des Renteneintrittsalters

Gegen anhaltende Proteste hat die französische Regierung dieses Jahr eine Rentenreform durchgeboxt. Damit wird das Rentenalter bis 2030 schrittweise von 62 auf 64 Jahre angehoben. Tausendfach geteilte Beiträge in sozialen Medien behaupteten allerdings Monate nach der Entscheidung, dass „das Volk“ ein niedrigeres Rentenalter erstritten habe. Die französische Rentenreform ist allerdings beschlossen.

„Warum berichtet keiner darüber, dass in Frankreich das Volk gewonnen hat“, fragt ein seit Anfang August 2023 tausendfach geteilter Beitrag auf Facebook. Dazu wird eine angebliches Rentenalter von 62 Jahren für Männer und 58 Jahren für Frauen genannt. Auf Instagram erreichte ein solches Posting mehr als 22.000 Likes.

Ähnliche Beiträge kursieren schon länger. Ein Tweet vom Juni 2023 mit dem Inhalt wurde mehr als 1200 Mal geteilt. Auf Facebook findet sich aber auch ein identisch formulierter Beitrag aus dem September 2020.

Screenshot der Behauptung auf Facebook, aufgenommen am 9. August 2023

Tatsächlich kam es in Frankreich landesweit zu anhaltenden Protesten gegen eine Änderung des Rentenalters, nachdem die Regierung ihren Entwurf (hier archiviert) für die Reform Anfang des Jahres vorgestellt hatte.

Frankreichs Regierung drückte die umstrittene Reform mithilfe eines Sonderartikels ohne finale Abstimmung in der Nationalversammlung durch. Trotzdem billigte der Verfassungsrat das Gesetz für die Anhebung des Rentenalters im April 2024 und sprach damit das letzte Wort der umstrittenen Reform. Mit der Veröffentlichung im Amtsblatt steht die Entscheidung fest.

Renteneintrittsalter in Frankreich

Trotz aller Widerstände steigt damit ab September 2023 bis 2030 das Renteneintrittsalter von 62 Jahren schrittweise auf 64 Jahre. Das halten französische Behörden auch auf offiziellen Websiten fest. Von einer Unterscheidung zwischen Männern und Frauen ist dort allerdings nicht die Rede.

Das heißt aber nicht automatisch, dass alle mit 64 ihren Ruhestand antreten. Das gesetzliche Renteneintrittsalter ist lediglich das frühestmögliche Alter. Um eine volle Rente zu erhalten, ist außerdem ist eine Erwerbstätigkeit von 43 Jahren nötig. Wer nicht lange genug gearbeitet hat, kann mit 67 Jahren seine Rente abschlagsfrei beziehen.

Auch Vincent Touzé widerspricht der Behauptung aus den sozialen Netzwerken. Er ist Ökonom am Französischen Observatorium für Wirtschaftskonjunkturen (OFCE) und beschäftigt sich mit dem französischen Rentensystem. Am 18. August 2023 schrieb er an AFP: „Die verbreiteten Informationen sind falsch.“ In einem Gespräch mit AFP am selben Tag führte er aus, dass das Thema der Renten selbst in Frankreich viel Nährboden für Gerüchte biete. „Es ist ein technisches Thema, ein kompliziertes Thema, daher ist es einfach, in Polemik zu verfallen.“

Selbes Alter für Frauen

„Das Mindestalter ist für Männer und Frauen gleich“, schrieb auch Touzé. Frauen könnten lediglich bei der Geburt eines Kindes bestimmte Zeiten angerechnet bekommen. Weitere Zeiträume sind für Kindererziehung anrechenbar. Während das zwar für beide Elternteile möglich sei, werde die Periode standardmäßig der Mutter zuerkannt, erklärte Touzé.

Trotz der anrechenbaren Zeiträume gibt es aber Unterschiede: „Im Durchschnitt gehen Frauen aufgrund von Karriereunterbrechungen, die häufig mit Mutterschaft zusammenhängen, später in Rente als Männer“, schrieb Touzé. Ein 2023 erschienener Bericht des Rentenorientierungsrates geht aber davon aus, dass sich diese Lücke mit der Zeit annähern wird.

Auch vor der Reform galt das Alter von 62 Jahren sowohl für Männer als auch Frauen, erklärte Touzé.

Die Rentensysteme verschiedener Länder unterscheiden sich stark. Ein Vergleich des gesetzlichen Renteneintrittsalters im Ländervergleich ist daher schwierig.

Fazit: Nein, in Frankreich wurde kein Renteneintrittsalter von 62 Jahren für Männer und 58 Jahren für Frauen beschlossen. Sowohl für Männer als auch Frauen sieht eine umstrittene Rentenreform eine Anhebung des Alters bis 2030 auf 64 Jahre vor. Um volle Bezüge zu erhalten, müssen viele Menschen in Frankreich länger arbeiten.

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Politik, Gesellschaft

Autor(en): Eva WACKENREUTHER / AFP Österreich

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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