Im Pride-Monat Juni geht Desinformation über LGBTQ+ europaweit viral

Falschinformationen über LGBTQ+ Gemeinschaften waren bereits im Mai ein signifikantes Phänomen und nahmen im Juni weiter zu. Auch rund um Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine wurden wieder viele Falschbehauptungen verbreitet.

Zu diesem Ergebnis kommt das monatliche Briefing des EU-weiten EDMO-Faktencheck-Netzwerks. Dazu beigetragen haben 25 Faktencheck-Organisationen, die im Juni 2023 insgesamt 1.503 Faktenchecks veröffentlicht haben.

Der Juni ist bekanntlich der „Pride-Monat“, in dem in vielen EU-Ländern Demonstrationen und andere Veranstaltungen stattfanden. Die ausführliche Berichterstattung über dieses Thema wurde zum Anlass genommen, um Übertreibungen und Falschbehauptungen zu verbreiten. Ein Beispiel hierfür ist die Falschmeldung, dass die italienische Regierung einen „Family Pride Monat“ eingeführt habe, um sogenannte „tradtionelle Familien“ zu unterstützen.

Zudem wurden LGBTQ+ Gemeinschaften mit Vorwürfen wie Pädophilie und Gender-Indoktrination konfrontiert. Die Hauptnarrative, die bereits im Mai auftraten, wurden im Juni verstärkt. In vielen EU-Ländern beobachteten die Faktenchecker jedoch eine neue Taktik:  Die Desinformation über LGBTQ+ Gemeinschaften wurde insbesondere mit Kindern in Verbindung gebracht – vermutlich um eine besonders negative emotionale Reaktion bei den Lesern zu erzeugen.

Beispiele für Falschnachrichten über LGBTQ+ und Kinder
  • In den Niederlanden, Kroatien und Litauen kursierten falsche Nachrichten über ein Buch, das angeblich für Kinder ist und diese sexualisieren und für Geschlechtsverkehr mit häufig wechselnden Partner:innen werben soll.
  • In Bulgarien kursierten falsche Behauptungen darüber, dass die neu ernannte Ministerin für Arbeit und Sozialpolitik, Ivanka Shalapatova, „Geschlechtsneutralität“ in Kindergärten durchsetzen will.
  • In Italien und Spanien wurde ein gefälschtes Foto eines Teilnehmers einer Pride-Veranstaltung verbreitet, der ein T-Shirt mit der Aufschrift „Trans-Kids sind sexy“ trug.
  • In Rumänien kursiert nach wie vor das falsche Narrativ über Initiativen, die angeblich darauf abzielen, Kinder unrechtmäßig ihren Familien wegzunehmen, um sie zur Adoption in LGBTQ+-Familien freizugeben.
Die drei am weitesten verbreiteten Falschinfos in der EU im Juni

Die drei am weitesten verbreiteten Falschmeldungen in der EU im Juni waren laut der beteiligten Faktencheck-Organisationen:

Anteil an Desinformation über die Ukraine bleibt konstant

Von den insgesamt 1.503 analysierten Faktenchecks des EDMO-Netzwerks konzentrierten sich 162 (11%) auf Desinformation über die Ukraine, der gleiche Wert wie im Mai.

In den Wochen vor dem NATO-Gipfel, der Mitte Juli im litauischen Vilnius stattfand, standen Falschbehauptungen über eine militärische Eskalation des Kriegs in der Ukraine unter Beteiligung mittel- und osteuropäischer Länder wie Polen, Lettland und Litauen, Verschwörungstheorien über die Verwicklung der Ukraine in Kinder- und Organhandel sowie über die Zerstörung des Kachowka-Staudamms im Fokus.

Der Anteil an Desinformation über Covid-19 erreichte dagegen einen neuen Tiefpunkt (5%), der die abnehmende Relevanz des Themas bestätigt. Der Anteil an Desinformation über den Klimawandel nahm nach dem Anstieg im Mai im Zusammenhang mit extremen Wetterereignissen in Spanien und Italien im Juni wieder ab (von 12 auf 9%). Über die EU gab es im Juni mehr Falschbehauptungen als im Mai (Anteil stieg von 4 auf 7%), aber bisher liegen nicht genügend Daten vor, um festzustellen, ob dies ein Trend ist.

Anteil an KI-generierter Desinformation bleibt gering

KI-generierte Desinformation machte im Juni wieder 4% der insgesamt aufgedeckten Desinformation aus (58 Artikel von 1.503), im Mai und April war jeweils derselbe Anteil festgestellt worden. Bei allen erfassten Fällen handelt es sich um Bilder, die mit einem KI-System erstellt wurden.

Methodik

Die in diesem Briefing enthaltenen Informationen wurden mittels eines Fragebogens erhoben, der an die Mitgliedsorganisationen des EDMO-Faktencheck-Netzwerks geschickt wurde. Bezugszeitraum: 1. bis 30. Juni 2023. Anzahl der Befragten: 25. Hauptherausgeber dieses Dokuments: Tommaso Canetta und Enzo Panizio, Pagella Politica/Facta.

Organisationen, die zu diesem Briefing beigetragen haben: 15min, AFP, Correctiv, Delfi, Demagog.cz, Demagog (Pl), DPA, DW, EFE Verifica, Ellinika Hoaxes, Factcheck Vlaanderen, Faktisk, FranceTV, Funky, Greece Fact Checking, Lakmusz, Maldita, Newtral,  PagellaPolitica/Facta, Polígrafo, Pravda, Press Hub Romania, Re:Baltica, The Journal Fact-Check, Verificat.

Das ausführliche Briefing in Englisch mit weiteren Informationen zu Falschinformationen in verschiedenen EU-Staaten finden Sie hier.

Nach oben scrollen