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«Kapitän Klausi» erfindet Vorfall an Geflüchteten-Unterkunft

In sozialen Netzwerken teilen Nutzer ein Video über einen vermeintlich aktuellen Polizeieinsatz in Thüringen. Unter dem Titel «Gewalt eskaliert! 100 Männer zerstören Straßen und Häuser! Polizei flieht, SEK rettet Stadt» hat der Youtube-Kanal «Kapitän Klausi» Ende März 2025 ein 11-minütiges Video hochgeladen. Demzufolge sei es an der zentralen Landeserstaufnahmeeinrichtung in Suhl kürzlich zu Ausschreitungen gekommen, bei denen mehrere Personen und Polizisten verletzt worden seien. Hat es den Vorfall wirklich gegeben?

Bewertung

Das Video verbreitet falsche und irreführende Informationen: Es zeigt unter anderem Bilder von einem Vorfall aus dem Jahr 2015. Für Ausschreitungen im Jahr 2025 gibt es keine Belege. Das Youtube-Profil hinter dem Video behauptet, er verbreite Satire.

Fakten

In dem Video spricht der offensichtlich KI-generierte Nachrichtensprecher «Kapitän Klausi» von Ausschreitungen an der Erstaufnahmeeinrichtung in Suhl. In dem Beitrag wird es so dargestellt, als handele es sich um einen aktuellen Vorfall. So wird das Video auf anderen Plattformen mit dem Kommentar «In den Medien nicht ausgestrahlt! 25.03.2025» weiterverbreitet.

Hundert geflüchtete Männer seien an den Krawallen beteiligt gewesen, heißt es. Ausgelöst worden habe diese ein Bewohner, der einige Seiten aus dem Koran herausgerissen haben soll. Bei den Ausschreitungen seien später Einsatzkräfte und Journalisten angegriffen sowie Fahrzeuge beschädigt worden. Dazu werden in dem Video entsprechende Aufnahmen aus verschiedenen Medienberichten eingeblendet.

Beiträge von 2015: Video gibt alten Fall als aktuell aus

Über diese Informationen und mithilfe von Bilderrückwärtssuchen lässt sich herausfinden: Der in dem Video beschriebene Vorfall ist nicht aktuell – er ist bereits über neun Jahre alt. Im August 2015 kam es tatsächlich zu Ausschreitungen an der Geflüchteten-Unterkunft. Auslöser für den damaligen Gewaltausbruch war ein Streit um einen zerrissenen Koran. Bei den Ausschreitungen wurden insgesamt 17 Menschen verletzt, darunter Asylbewerber, Polizisten und Wachleute.

Über den Vorfall berichteten zahlreiche Medien. In dem Youtube-Video wird Bildmaterial aus mehreren alten Nachrichtenberichten (hier und hier) über diesen Fall eingeblendet. Im Nachgang der Ausschreitungen wurden später mehrere Beteiligte verurteilt. Für das angebliche Zitat der Polizistin wird ein Bericht über eine dieser Gerichtsverhandlungen angegeben – darin werden Aussagen der Polizistin jedoch lediglich indirekt wiedergegeben werden.

In dem Video sind allerdings auch Bilder zu sehen, die mit den Ausschreitungen im Jahr 2015 nicht direkt in Verbindung stehen. So stammen Szenen aus einer investigativen Reportage des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR). Weiter Bilder stammen aus einem Videobericht über erneute Ausschreitungen im Februar 2024. Andere Aufnahmen zeigen Polizisten in Mainz (Rheinland-Pfalz).

Keine Hinweise auf vergleichbaren Einsatz im Jahr 2025

Für März 2025 lassen sich derweil keine Informationen über ähnliche Vorfälle finden. Auch die Polizei sprach auf Anfrage von einem Fake und bestätigte, dass es kürzlich keine solchen Ausschreitungen gegeben hat. Zuletzt stand die Einrichtung im Fokus der Schlagzeilen, da das Land Thüringen sie bis zum Jahr 2026 schließen will.

Derweil behauptet der Youtube-Account «Kapitän Klausi», dass es sich bei seinen Videos angeblich um Satire handele. Er serviere «Fakten und Satire (…) – immer mit einem Preis-Humor und einem Augenzwinkern». Zuschauerinnen und Zuschauer warnt er selbst jedoch vor seinen Inhalten: Diese sollten «nicht als bestätigte Fakten oder absolute Wahrheiten angesehen werden», heißt es in der Beschreibung.

(Stand: 27.5.2025)

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Autor(en): dpa

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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