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Maßnahmen für Hitzeschutz-Aktionsplan stehen noch nicht fest

Als Folge des menschengemachten Klimawandels werden extreme Wetterlagen in Zukunft immer wahrscheinlicher – und damit auch Hitzewellen. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat daher kürzlich in einer Bundespressekonferenz (BPK) angekündigt, einen nationalen Hitzeschutz-Aktionsplan erarbeiten zu wollen. Im Netz werden Ausschnitte aus der BPK nun zusammen mit der Behauptung verbreitet, es seien künftig «Lockdowns wegen Hitzewellen» geplant. Was hat es damit auf sich? Hat Lauterbach überhaupt von einem «Lockdown» gesprochen?

Bewertung

Im Netz kursieren zu dem Thema irreführende Beiträge, denn: Noch ist gar nicht bekannt, wie genau der «Hitzeplan Deutschland» am Ende aussehen wird. Ein Ministeriumssprecher erklärte, dass ein «Lockdown» nicht Teil des Konzepts sein werde. Bei der Erarbeitung wolle man sich am französischen Hitzeschutzplan orientieren.

Fakten

In Deutschland ist eine bessere Vorbeugung gegen Gesundheitsgefahren und Todesfälle durch Hitze geplant. Das hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) am 13. Juni 2023 bei einer Bundespressekonferenz in Berlin angekündigt. Ziel soll seinen Angaben zufolge sein, in den kommenden Wochen einen «Hitzeplan Deutschland» zu erstellen. Mitschnitte der BPK lassen sich auf Youtube finden (hier und hier).

Hitzeschutz – worum geht es dabei überhaupt?

Hintergrund ist die Zunahme von extremen und intensiveren Hitzeereignisse in Europa in den vergangenen Jahren. Durch den Klimawandel werden Hitzetage in Zukunft wahrscheinlicher. Das bringt laut Umweltbundesamt (UBA) und Bundesgesundheitsministerium (BMG) gesundheitlichen Gefahren mit sich, die mitunter lebensbedrohlich sein können: «Bei Hitze kann das körpereigene Kühlsystem überlastet werden. Als Folge von Hitzebelastung können bei empfindlichen Personen Regulationsstörungen und Kreislaufprobleme auftreten.»

Laut einer Untersuchung des Robert Koch-Instituts (RKI) haben hohe Temperaturen im Sommer 2022 zu einer «hitzebedingten Übersterblichkeit von rund 4 500 Sterbefällen» geführt. Darauf bezog sich auch Klaus Reinhardt, Präsident der Bundesärztekammer, in seinem Statement in der BPK. Laut Reinhardt sind ältere Menschen und solche mit Herz-Kreislauf- und Atemwegserkrankungen, aber auch Säuglinge, Kinder und Schwangere, obdachlose Menschen und solche, die im Freien arbeiten, besonders hitzegefährdet. Zusammen mit dem Deutschen Pflegerat sowie der «Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit» ruft die Bundesärztekammer daher zu verstärkten Präventions- und Schutzmaßnahmen auf.

Minister Lauterbach kündigte an, einen «Hitzeplan Deutschland» erarbeiten zu wollen, da der Hitzetod ein «vermeidbarer Tod» sei. Entsprechend soll mit dem Hitzeschutz-Konzept hitzebedingten Sterbefällen vorgebeugt werden. Grundsätzlich geht es aber darum, kurz-, mittel- und langfristig besser auf Hitzephasen vorbereitet zu sein und die Bevölkerung zu schützen.

Lauterbach gab zudem zu bedenken, dass mit Hitzewellen nicht nur Todesfälle, sondern auch gesundheitliche Hitzefolgen einhergehen können. Dadurch werde das Gesundheitssystem bei und nach Hitzewellen verstärkt in Anspruch genommen, worauf auch Klaus Reinhardt zu Beginn hingewiesen hatte (bei Minute 2:30). Der Plan soll also auch den Gesundheits- und Pflegesektor entlasten.

Hat Lauterbach in der BPK von einem «Lockdown» gesprochen?

Von einem «Lockdown» hat der Minister in der gesamten Konferenz nicht gesprochen. Das geht aus dem Mitschnitt bei Youtube hervor. An einer Stelle erklärt Lauterbach, wie er nun weiter vorgehen will (bei Minute 9:40): «Damit man das in Deutschland aufbauen kann, werde ich die betreffenden Verantwortlichen der Ärzteschaft, der Pflege, der Träger der Pflegeeinrichtungen, der Krankenhausgesellschaft, aber auch (…) der Kommunen und auch der Länder zusammenbringen – so ähnlich wie das im letzten Sommer gemacht haben beim Sieben-Punkte-Programm Pandemiebekämpfung.»

Bei diesem Corona-Konzept für den Winter 2022/2023, auf das er verweist, waren «Lockdowns» nicht vorgesehen. Die Aussagen des Ministers beziehen sich auch nicht auf konkrete Corona-Maßnahmen, sondern der SPD-Politiker will alle Verantwortlichen an einen Tisch holen und an der Erarbeitung des Hitzeplans beteiligen.

Welche konkreten Maßnahmen sieht der «Hitzeplan Deutschland» vor?

Wie ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums der Deutschen Presse-Agentur erklärte, sind alle Experten für den 26. Juni ins BMG eingeladen worden, um den Plan zu entwickeln. Die Details des Hitzeplans stünden noch nicht fest, «ein „Lockdown“ wird nicht Teil des Konzeptes sein», betonte der Sprecher.

Der Hitzeplan existiert also noch gar nicht, insofern ist auch noch unklar, welche Maßnahmen darin am Ende enthalten sein werden. Darauf wies auch Lauterbach in der Bundespressekonferenz hin (ab Minute 26:55), erwähnte aber erste mögliche Maßnahmen. So solle etwa der Einsatz von «Kälteschutzräume» und das Bereitstellen von kostenlosem Wasser geprüft werden. Zudem solle auf einer Webseite Informationen über die Gefahren bei Hitze gesammelt werden.

Andere Maßnahmen könnten nach Angaben auf der BMG-Webseite etwa die langfristige Stadtplanung und das Bauwesen betreffen. «Welche konkreten Maßnahmen im Hitzeaktionsplan sinnvoll sind, variiert von Kommune zu Kommune – jeder Plan muss die ortsspezifischen Gegebenheiten berücksichtigen und entsprechende Lösungen dafür finden», heißt es.

Grundsätzlich geht es aber auch um Warn- oder Alarmstufen, die ausgerufen werden und mit denen dann konkrete Maßnahmen verbunden werden, etwa eine gezielte Ansprache älterer oder pflegebedürftiger Menschen und die Versorgung mit Flüssigkeit. Bei der Erarbeitung des «Hitzeplans Deutschland» wolle man sich daher an einem entsprechenden Plan im Nachbarland Frankreich orientieren.

Vorbild Frankreich: Welche Maßnahmen sind dort möglich?

In Frankreich gibt es zum Schutz der Bevölkerung bei Hitzewellen sei einigen Jahren einen nationalen Hitzeschutzplan. Dieser beruht auf vier Warnstufen mit den Farben Grün, Gelb, Orange und Rot, die je nach Hitzesituation ausgerufen werden. Je nachdem, welche dieser Stufen greift, werden verschiedene Maßnahmen umgesetzt.

Die höchste Warnstufe «Rot» wird als außergewöhnliche, sehr intensive, lang anhaltende und auch weite Landesteile betreffende Hitzewelle beschrieben. Laut einem Papier des Gesundheitsministeriums in Frankreich ist es dann wichtig, die individuellen Schutzmaßnahmen zu verstärken. So müssten von den Kommunen auch Absagen von Veranstaltungen, etwa von Schulausflügen, kulturellen Events oder großen Menschenansammlungen in Betracht gezogen werden sowie die Einschränkungen von Aktivitäten (beispielsweise Sport). Ähnliche Tipps stehen auch in einer entsprechenden Handlungsempfehlung für Bürgermeister aus 2021.

Einschränkungen des öffentlichen Lebens sind in Frankreich also im Extremfall möglich. Mit einem «Lockdown» hat das jedoch nichts zu tun. Unter einem «Lockdown» wurden im ursprünglichen Sinne Ausgangssperren oder eine Massenquarantäne verstanden. Inzwischen werden aber auch Schutzmaßnahmen und Einschränkungen in Deutschland im Zuge der Corona-Pandemie damit assoziiert, etwa Kontakt- oder Zugangsbeschränkungen sowie temporäre Ausgangssperren.

Gegenüber Correctiv stellte das französische Gesundheitsministerium dazu klar: Ausgangssperren, wie es sie während der Corona-Pandemien gab, seien «keine geeignete Maßnahme bei Hitzeperioden».

(Stand: 23.6.2023)

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Klimawandel, Politik, Verbraucher, Gesundheit, Umwelt

Autor(en): dpa

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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