Einige junge Männer stehen zusammen, im Hintergrund geht einer mit einer ukrainischen Flagge vorbei. Jemand sagt „Slawa Ukrajini“, also auf Deutsch „Ehre der Ukraine“ und hält seine Faust in die Kamera. Dann ein Schnitt, die nächste Szene: Mehrere Personen prügeln auf andere ein. In Sozialen Netzwerken wird behauptet, die Angreifer seien Ukrainer. Sie seien auf die polnischen Männer losgegangen, weil diese sich geweigert hätten, „Slawa Ukrajini“ zu rufen. Doch das stimmt nicht.
Das Video kursiert in mehreren Ländern und auf mehreren Sozialen Netzwerken, teils in einer längeren, teils in einer kürzeren Version. Zigtausende Personen sahen es. Laut Staatsanwaltschaft und Polizei Warschau sind die Angreifer, die darin zu sehen sind, aber georgische Staatsbürger.
Laut Polizei und Staatsanwaltschaft waren die Täter keine Ukrainer
Manche der Beiträge enthalten genauere Informationen zu dem angeblichen Vorfall: Demnach soll sich die Prügelei am Abend des 24. August auf den Weichsel-Boulevards in Warschau ereignet haben. Der 24. August war nicht nur der Tag, an dem die Ukraine seit eineinhalb Jahren gegen den großflächigen Angriff Russlands kämpft, sondern auch der ukrainische Unabhängigkeitstag. In Polen und anderen Ländern fanden deswegen Solidaritätsdemonstrationen für die Ukraine statt.
Datum und Ort des Vorfalls stimmen, wie die Warschauer Polizei in einem Beitrag auf X, ehemals Twitter, am 26. August bestätigt. „Wenige Minuten nach einem Telefonanruf über eine aggressive Gruppe von Männern trafen Polizeibeamte vor Ort ein“, heißt es. Die Polizei schreibt, man habe „georgische Staatsangehörige […] als Angreifer identifiziert“ und dazu noch explizit: Unter den Befragten und unter den Tätern „befanden sich keine Personen ukrainischer Staatsangehörigkeit“.
Dass die Angreifer aus dem Video Georgier sind, bestätigt auch die Staatsanwaltschaft Warschau auf Anfrage von CORRECTIV.Faktencheck. Sechs polnische Staatsbürger seien verprügelt worden. Die Motivation der Täter müsse erst noch ermittelt werden.
Ukrainische Geflüchtete als Gewalttäter: Ein Narrativ prorussischer Desinformation
Seit Beginn des Angriffskriegs gegen die Ukraine gibt es zahlreiche Desinformations-Kampagnen gegen die Ukraine und ihre Bevölkerung. Ein Narrativ, dass dabei immer wieder mit Falschbehauptungen angeheizt wird, ist jenes, dass ukrainische Geflüchtete sich nicht anständig verhalten würden.
So hieß es etwa bereits, in Euskirchen, Nordrhein-Westfalen, hätten Ukrainer einen Jungen zu Tode geprügelt – das stimmte nicht. Auch die Behauptung, ein Ukrainer habe in Dresden Geiseln genommen, um einen Nato-Beitritt zu erzwingen, war falsch.
Einen Überblick mit allen Faktenchecks von uns zum Krieg in der Ukraine finden Sie hier.
Redigatur: Matthias Bau, Paulina Thom
Die wichtigsten, öffentlichen Quellen für diesen Faktencheck:
- X-Beitrag der Polizei Warschau, 26. August 2023: Link (Polnisch, archiviert)