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Viele ukrainische Regionen von russischen Luftangriffen und Stromausfällen betroffen

Mit «Meine Meinung» ist ein Facebook-Beitrag zum Krieg in der Ukraine überschrieben. Demnach seien große Teile des Landes gar nicht vom russischen Angriff betroffen – es wird Unverständnis geäußert, dass Menschen dennoch aus der Ukraine fliehen. Angeblich finde der Krieg «überwiegend in der Ostukraine statt, auf einer Fläche von ca. einem Fünftel des ukrainischen Gebiets». Aber diese zentrale Faktenbehauptung in dem Beitrag lässt wesentliche Informationen zum Kriegsgeschehen der vergangenen Wochen außen vor.

Bewertung

Russland greift seit Wochen mit Raketen und Drohnen Städte und Regionen bis weit in den Westen der Ukraine an. Ziel ist vor allem die Energieinfrastruktur, was Folgen für Millionen Menschen hat.

Fakten

Russland hat seine Strategie im Krieg gegen die Ukraine mehrfach verändert. Seit dem Herbst setzt der Angreifer vor allem auf Raketen und Drohnen, die immer wieder die Energieinfrastruktur der Ukraine treffen.

Solche Angriffe gab es auch in den Tagen und Wochen, bevor der Facebook-Beitrag am 22. Dezember 2022 abgesetzt wurde. So berichteten Medien

  • am 19. Dezember über Drohnenangriffe auf die Hauptstadt Kiew,
  • am 17. Dezember über vier Todesopfer durch russische Angriffe mit Artillerie und Raketen auf die Stadt Krywyj Rih südlich von Kiew am Tag zuvor,
  • am 16. Dezember über Angriffe unter anderem auf Odessa im Süden, auf Kiew im Zentrum des Landes sowie auf Sumy und Charkiw im Nordosten, und über Stromausfälle zum Beispiel in Charkiw und Poltawa,
  • am 14. Dezember über mutmaßliche Drohnenangriffe auf Kiew,
  • am 10. Dezember über Angriffe auf das Stromnetz in der Region Odessa,
  • am 5. Dezember über Luftangriffe und Stromausfälle etwa auf Sumy, Odessa, Krywyj Rih, Mykolajiw, Kiew sowie an weiteren Orten im Zentrum und auch im Westen des Landes und
  • am 16. November über Angriffe mit Raketen auf Kiew, Charkiw sowie auf Lwiw im Westen nahe der polnischen Grenze.

Auch in den vergangenen Tagen gab es Meldungen über Angriffe, so am 29. Dezember aus Poltawa, Odessa, Charkiw und Mykolajiw sowie aus den Regionen Lwiw und Iwano-Frankiwsk ganz im Westen des Landes.

Besetzte Regionen im Osten und Südosten

Darüber hinaus gibt es die anhaltenden Gefechte entlang der Front, die sich vor allem durch den Osten und bis in den Süden des Landes zieht. Diese Gebiete sind vermutlich mit der Formulierung «überwiegend in der Ostukraine» im Facebook-Beitrag gemeint.

Russland hält ukrainische Gebiete in den Regionen Luhansk, Donezk, Saporischschja und Cherson besetzt. Dort haben die Besatzer im September auch Scheinreferenden abgehalten. Russlands Präsident Wladimir Putin annektierte die Regionen anschließend völkerrechtswidrig. Vollständig unter russischer Kontrolle sind sie jedoch nicht. Aus weiteren Gebieten im Norden und Osten der Ukraine, etwa in der Region Charkiw, zogen sich russische Truppen im Laufe des Jahres 2022 nach und nach zurück.

Bereits im Jahr 2014 annektierte Russland die ukrainische Halbinsel Krim. Alle russischen Annexionen werden weltweit nur von einer Handvoll Staaten unterstützt.

Millionen Ukrainer immer wieder ohne Strom

Die jüngsten russischen Luftangriffe mit Raketen und Drohnen kommen in Wellen und betreffen dann mehrere Städte und Regionen gleichzeitig. Oft ist die Hauptstadt Kiew Ziel. Die ukrainischen Behörden lösen immer wieder den Luftalarm aus – auch flächendeckend und in allen Regionen des Landes. Von den Angriffen auf die Energieinfrastruktur, also zum Beispiel auf Kraftwerke und Leitungen, sind regelmäßig Millionen Menschen und Haushalte betroffen. Strom, Fernwärme und auch die Wasserversorgung fallen vielerorts mindestens vorübergehend aus. Die Ukraine hat inzwischen an vielen Orten im Land Wärmepunkte eingerichtet, an denen Betroffene versorgt werden.

Beobachter des Kriegs halten es für wahrscheinlich, dass Russland mit seinen Angriffen auf die Energieinfrastruktur neue Fluchtbewegungen nach Westeuropa auslösen und so die Verbündeten der Ukraine unter Druck setzen will. Viele Juristen und Menschenrechtler halten diese Taktik für einen weiteren Bruch des Völkerrechts, da es sich um systematische Angriffe gegen die Zivilbevölkerung handeln könne.

(Stand: 30.12.2022)

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Politik, Ukraine

Autor(en): dpa

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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