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Wer wirklich die meisten Menschen aufnimmt

Die Diskussion um die Zahl der in Deutschland aufgenommenen Geflüchteten ist oft geprägt von verkürzten Darstellungen. So liest man hier und da: «Gemessen an der Zahl der Gesamtbevölkerung in diesem Land hat kein Land mehr Syrer und Afghanen aufgenommen als Deutschland.» Doch nicht hinter allen in den sozialen Medien genannten Zahlen verbergen sich Fakten.

Bewertung

Die Aussage, Deutschland nehme gemessen an der Zahl der Gesamtbevölkerung die meisten syrischen und afghanischen Geflüchteten weltweit auf, ist falsch. Es gibt andere Länder, die wesentlich mehr Schutzsuchende aus diesen Ländern aufnehmen als Deutschland.

Fakten

Nach Angaben des Statistischen Bundesamts hat Syrien 23,2 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner (Stand 2023). Aktuell leben in Deutschland rund 923.000 Syrerinnen und Syrer, davon sind 711.700 Schutzsuchende. Tatsächlich leben damit 4 Prozent der Menschen mit syrischer Staatsangehörigkeit in Deutschland. Schutzsuchende aus Afghanistan waren es Ende 2023 in Deutschland 322.600. Zum Thema Gastarbeiter lässt sich sagen, dass bis zum Anwerbestopp 1973 rund 900.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus der Türkei kamen.

Jedoch ist die Aussage, Deutschland hätte gemessen an der Zahl der Gesamtbevölkerung so viele Syrer und Afghanen aufgenommen wie kein anderes Land, falsch. Die Aussage hatte auch der CDU-Parteivorsitzende Friedrich Merz zuletzt auf einer Pressekonferenz getätigt.

Türkei, Iran und Pakistan nehmen mehr Geflüchtete auf

Die Türkei ist das Land, das in absoluten Zahlen die meisten syrischen Geflüchteten aufgenommen hat. Mehr als 3 Millionen halten sich dort auf. Danach folgen der Libanon mit über 700.000 und Jordanien mit rund 625.000. Die Zahlen stammen alle aus Juni, Juli oder August dieses Jahres von der türkischen Regierung oder dem UN-Flüchtlingskommissariat UNHCR.

Auch bei afghanischen Geflüchteten ist Deutschland nicht Spitzenreiter. Die Islamische Republik Iran liegt hier mit 3,7 Millionen weit vorne, dicht gefolgt von Pakistan mit 2 Millionen.

Doch wie sieht es mit dem relativen Zahlen aus? In Deutschland leben Stand Dezember 2023 rund 84,7 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner. In der Türkei sind es aktuell schätzungsweise 90 Millionen Menschen, in Jordanien rund 11,68 Millionen und im Libanon 8,9 Millionen. Im Iran beträgt die Bevölkerung geschätzt 88,5 Millionen und in Pakistan 241 Millionen (Stand September 2024).

Wenn man die Zahl der aufgenommenen Menschen in Relation zur Gesamtbevölkerung setzt, ergibt sich folgendes: Auf 1000 Menschen in Deutschland kommen 8,4 syrische Geflüchtete. Auf 1000 Menschen in der Türkei kommen dagegen 33 Geflüchtete, in Jordanien 53 und im Libanon sogar rund 87 Geflüchtete.

Für Afghanistan sieht die Rechnung wie folgt aus: Auf 1000 Menschen in Deutschland kommen 3,8 afghanische Geflüchtete. In Pakistan sind es in Relation 8,2 Geflüchtete und im Iran 41,8 Geflüchtete.

Deutschland weltweit unter den Top 5

Insgesamt sind nach Angaben des UNHCR Ende 2023 der Iran (3,8 Millionen), die Türkei (3,3 Millionen), Kolumbien (2,9 Millionen), Deutschland (2,6 Millionen) und Pakistan (2 Millionen) weltweit die Länder mit der größten Flüchtlingsbevölkerung. Fast alle Flüchtlinge, die im Iran und in Pakistan untergebracht sind, sind Afghanen, in der Türkei sind fast alle Flüchtlinge Syrer (UNHCR Global Trends Report, S. 20).

Wenn man nur die EU betrachtet, leben die meisten Geflüchteten in Relation zur Gesamtbevölkerung auf Zypern. Darauf folgen Tschechien, Deutschland, Österreich und Estland (Stand 2023).

All diese Zahlen beziehen sich auf Geflüchtete, die ihr Heimatland verlassen haben, um in einem anderen Land Schutz zu suchen. Sehr viele Menschen überqueren auf der Flucht jedoch keine Staatsgrenzen, sondern flüchten innerhalb ihres Landes, wenn das möglich ist oder nur dazu die Ressourcen reichen.

Insofern ist es wahr, dass Deutschland eines der Länder weltweit ist, die die meisten Geflüchteten aufgenommen haben. Aber es ist eben nicht das Land mit den meisten Geflüchteten aus Afghanistan und Syrien, weder in absoluten Zahlen noch in Relation zur Gesamtbevölkerung.

(Stand: 4.9.2024)

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Migration, Politik, Gesellschaft

Autor(en): dpa

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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