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Dieses Foto eines angeblichen Chemtrail-Tankfahrzeugs ist bearbeitet

Verschwörungserzählungen zu Chemtrails, schädlichen Chemikalien, die angeblich von Flugzeugen in der Luft abgegeben werden, erregen online immer wieder Aufmerksamkeit. Ein seit mehreren Jahren im Netz kursierendes Foto soll dabei angeblich zeigen, wie am Frankfurter Flughafen ein Tankfahrzeug mit der Aufschrift „Chemtrailzusatz“ eingesetzt wird. Das Bild wurde allerdings bearbeitet und stammt aus Wien. Im Original ist keine solche Beschriftung zu sehen.

Die Behauptungen zu dem online kursierenden Foto wurden dutzendfach auf Facebook geteilt und tausende Male auf TikTok angesehen. Ältere Versionen des angeblichen Chemtrail-Tankfahrzeugs finden sich auf Twitter und Telegram.

Auf dem Foto ist ein Fahrzeug mit der Aufschrift „air bp“ zu sehen. Darunter ist das Wort „Chemtrailzusatz“ zu lesen. Angeblich sei das Bild am Frankfurter Flughafen entstanden.

Facebook-Screenshot der Behauptung: 24. Mai 2023

Verschwörungserzählungen zu Chemtrails werden online immer wieder geteilt. Dabei handelt es sich um angeblich schädliche Chemikalien, die meist mittels Flugzeugen in die Luft gebracht werden. Als Beweis für die Existenz von Chemtrails sehen Anhängerinnen und Anhänger der Verschwörungserzählung Flugzeug-Kondensstreifen am Himmel, in denen diese giftigen Chemikalien enthalten sein sollen. AFP überprüfte bereits in der Vergangenheit Behauptungen verschiedene Behauptungen zu Chemtrails (hier, hier).

Das Foto wurde bearbeitet 

Um den Ursprung des online geteilten Fotos zu finden, nutzte AFP eine umgekehrte Bildsuche. Dabei wird in Suchmaschinen nach älteren Veröffentlichungen eines Fotos gesucht.

Es zeigte sich, dass das Foto nicht aktuell ist und auch nicht vom Frankfurter Flughafen stammt. Mehrere Faktenchecks befassten sich bereits in der Vergangenheit mit dem Bild, das im Nachhinein bearbeitet wurde, so die Berichte (hier, hier, hier).

Die Bildsuche führte zudem zu einem Upload des Fotos in der Datenbank Wikimedia Commons. Dort heißt es, das Bild sei im Oktober 2008 aufgenommen worden und zeige eine Betankung am Flughafen Wien-Schwechat. Der Fotograf sei Hannes Sallmutter. Auf dem Bild fehlt aber die Aufschrift „Chemtrailzusatz“. Dort ist lediglich der Name des Unternehmens „air bp“ zu lesen. Das Unternehmen stellt Treibstoff für Flugzeuge bereit.

Das Aussehen der Fluggastbrücken und des Gebäudes im Hintergrund passen ebenfalls zu weiteren Fotos vom Flughafen Wien, hier im Vergleich mit einer Aufnahme des österreichischen „Kurier“. Dabei fällt das rundliche Gebäude auf.

Vergleich mit Screenshots von Wikimedia Commons (links) und des “Kurier” (rechts): Hervorhebungen von AFP am 24. Mai 2023

Online finden sich in den Bilddatenbanken zahlreiche weitere Aufnahmen von Tankfahrzeugen von „air bp“. Auf keinem der Bilder ist allerdings die Bezeichnung „Chemtrailzusatz“ zu lesen (hier, hier, hier).

Der hinzugefügte Schriftsatz ist außerdem in einer anderen Schriftart als der üblicherweise von „air bp“ verwendeten gehalten und zudem leicht schief aufgetragen.

Eine AFP-Anfrage an Hannes Sallmutter, den Fotografen des Bildes, blieb bis zur Veröffentlichung dieses Faktenchecks unbeantwortet.

Peter Kleemann, Sprecher des Flughafens Wien, erklärte am 24. Mai 2023 gegenüber AFP, dass es sich bei dem Bild um eine Fälschung handele. „Das Foto selbst ist über 15 Jahre alt und nicht mehr aktuell“. Der Text „Chemtrailzusatz“ sei künstlich hinzugefügt worden, so der Sprecher.

Kein Beweis für Chemtrails

Der Begriff „Chemtrails“ für „chemical trails“ (chemische Spuren) bezieht sich auf eine Verschwörungserzählung, nach der Regierungen und ungenannte Mächte Piloten anweisen, gefährliche Chemikalien zu verschiedenen Zwecken in den Himmel zu sprühen.

Anhängerinnen und Anhänger der Verschwörungserzählung behaupten, die weißen Linien, die einige Flugzeuge am Himmel hinterlassen, seien ein Beweis für das Versprühen der Chemikalien. Pilotinnen und Piloten sowie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben jedoch wiederholt erklärt, dass es sich bei diesen Linien um Kondensstreifen handelt.

Ella Gilbert, Meteorologin beim britischen Polarforschungsprogramm British Antarctic Survey, erklärte gegenüber AFP am 30. November 2022 in einer E-Mail, dass Kondensstreifen entstünden, wenn „die Hitze der Flugzeugtriebwerke Wasserdampf in der Atmosphäre zu Wasser kondensieren und dann zu Eiskristallen gefrieren lässt, die sich zu langen dünnen Wolken zusammenballen und dem Weg des Flugzeugs folgen“.

Weiter erklärte Gilbert: „Ihre Motoren setzen auch winzige Rußpartikel und andere Schadstoffe frei, die als Keimzellen für die Wolkenbildung dienen können.“

In einer Studie aus dem Jahr 2016 hatten außerdem 77 Forschende aus dem Bereich Geochemie und Atmosphärenchemie angegeben, ob ihnen irgendwelche Beweise für geheime, groß angelegte Programme zur Veränderung der Atmosphäre bekannt seien. Das Fazit der Studie: „Wir fanden einen breiten wissenschaftlichen Konsens gegen die Existenz eines geheimen, groß angelegten atmosphärischen Sprühprogramms.“

Das Umweltbundesamt erklärte bereits 2011, es gebe keine wissenschaftlichen Belege für die Existenz von Chemtrails. Weiter hieß es: „Auch im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) sind die beschriebenen Phänomene nicht bekannt. Das Institut für Physik der Atmosphäre des DLR untersucht seit vielen Jahren die Wirkung der Emissionen des Luftverkehrs auf die Atmosphäre – einschließlich zahlreicher Messungen gas- und partikelförmiger Emissionen von Verkehrsflugzeugen.“

Der Deutsche Wetterdienst (DWD) schreibt, die Chemtrail-Theorie könne nicht vom DWD bestätigt werden. Es handele sich bei den am Himmel beobachteten Wolken lediglich um Kondensstreifen durch Flugzeuge.

Zur Tragweite der Chemtrailerzählung schreibt die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) es gebe unter den Anhängerinnen und Anhängern der Theorie Verbindungen zum Rechtsextremismus. „Über diese Theorie haben rechtsradikale Verschwörungstheoretikerinnen und -theoretiker versucht, die Umwelt- und Friedensbewegung an die rechte Szene zu binden.“ Dies habe sich beispielsweise bei den „sogenannten Friedensdemos montags vor dem Reichstag in Berlin, wo Reichsbürgerinnen und Reichsbürger gemeinsam mit Chemtrail-Anhängerinnen und -Anhängern protestieren“ gezeigt. 

Fazit: Das angebliche Foto eines Transporters für Chemtrailzusatz wurde bearbeitet. Eine umgekehrte Bildsuche zeigte, dass das Original bereits 2008 am Flughafen Wien entstand. Darauf ist keine Aufschrift zu einem „Chemtrailzusatz“ zu sehen. Der Flughafen Wien dementierte ebenfalls die Existenz eines solchen Fahrzeugs.

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Wissenschaft, Umwelt

Autor(en): Saladin SALEM / AFP Deutschland

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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