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EU-Gesetz soll Macht der Tech-Riesen eindämmen

Die Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut in der Europäischen Union, unter anderem festgeschrieben in Artikel 11 der Grundrechtecharta. Doch «am 25. August» sei es vorbei damit, behauptet ein Mann in einem viel geteilten Facebook-Reel. Dann trete nämlich der Digital Services Act der EU in Kraft, und dann würden «alle großen Internetplattformen auch inhaltlich zensiert», erklärt der Sprecher, während er ein Auto lenkt. Konkret nennt er YouTube, Tiktok, Facebook und Instagram.

Bewertung

Das ist falsch. In der EU dürfen alle weiterhin ihre Meinung kundtun, auch online. Das europäische Digitalgesetz sieht keine Zensur von Internetplattformen vor.

Fakten

Das EU-Gesetz über digitale Dienste, auch als Digital Services Act bekannt, soll die Macht der großen Tech-Plattformen eindämmen. Es ersetzt Regeln, die fast 20 Jahre alt und damit überholt sind.

Die Verordnung stärkt nach Angaben der Kommission die Position der Benutzerinnen und Benutzer: Sie sollen künftig erfahren, warum ihnen manche Inhalte und Produkte empfohlen werden. Bestimmte sensible Daten dürfen nicht zur Werbung verwendet werden. Vor allem Kinder sollen vor gezielter Werbung (Targeting) besser geschützt werden. Die Plattformen müssen außerdem mögliche Gefahren für die psychische Gesundheit ihrer Nutzer einschätzen.

Illegale Inhalte können künftig leichter gemeldet und müssen sorgfältig und zügig verfolgt werden. Bereits jetzt strafbare Posts – Gewaltaufrufe, Terrorpropaganda oder die Verbreitung von Kinderpornografie etwa – sollen rasch entfernt werden können. Die Accounts von Nutzerinnen und Nutzern, die beispielsweise «rechtswidrige Hassrede» verbreiten oder betrügerische Anzeigen verbreiten, können gesperrt werden. Gültig ist jeweils das nationale Recht in dem Land, in dem sich der Nutzer einer Seite befindet.

Auch für die Beaufsichtigung von Plattformen sind jeweils nationale Stellen verantwortlich – also nicht die EU-Kommission. Diese Stellen müssen bis Februar 2024 eingerichtet werden. Die Wirkung dieser Maßnahmen soll in den kommenden Jahren wissenschaftlich untersucht werden. Im Verordnungstext wird an 20 Stellen in verschiedenen Zusammenhängen betont, dass auch der «Überwachungs- und Durchsetzungsmechanismus» des Gesetzes das Recht auf freie Meinungsäußerung nicht beeinträchtigen darf.

Weitere Halb- und Unwahrheiten

Das geteilte Video verbreitet noch ein paar weitere Halb- und Unwahrheiten. So behauptet der Sprecher, das EU-Gesetz trete am 25. August (2023) in Kraft. Das ist bei großzügiger Betrachtung nicht völlig falsch. Tatsächlich ist das am 23. April 2022 vom Europäischen Parlament beschlossene Gesetz schon am 16. November 2022 in Kraft getreten. Es gilt aber erst ab 17. Februar 2024 in allen EU-Staaten. Dies geht auch aus dem Text der EU-Verordnung hervor.

Das im Video genannte Datum 25. August (2023) hat eine andere Bedeutung: Genau vier Monate zuvor, am 25. April 2023, benannte die EU-Kommission 17 «sehr große Online-Plattformen» und zwei «sehr große Online-Suchmaschinen», wobei «sehr groß» bedeutet: Plattformen mit mehr als 45 Millionen Nutzern monatlich. Diese müssen gemäß der Verordnung spätestens vier Monate danach ihren Verpflichtungen aus dem Digitalgesetz nachkommen.

Der Sprecher im Video behauptet über das Gesetz, «weder die Tagesschau noch irgendeine Magazinsendung haben darüber berichtet». Auch diese Behauptung ist nachweislich falsch. Tatsächlich zeigt eine einfache Suche auf der Webseite der Tagesschau, dass dort wiederholt und mitunter sehr ausführlich über den Inhalt des neuen EU-Gesetzes berichtet wurde.

(Stand 18.07.2023)

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Politik, Wirtschaft, Technologie, EU

Autor(en): dpa

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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