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Hohes Gericht in Frankreich hebt Regeln zur Lärmmessung auf

Auch in Frankreich laufen Kritiker Sturm gegen das Aufstellen von Windrädern. Als einen Sieg sehen die Windenergiegegner eine kürzliche Entscheidung des Staatsrats in Paris, dem höchsten Verwaltungsgericht des Landes. Dieser hat Regeln zur Lärmmessung bei Windrädern aufgehoben. Bedeutet das nun, dass Windkraft in Frankreich verboten ist? Das behaupten zumindest Kritiker in Deutschland.

Bewertung

Falsch. Bei den gekippten Regeln geht es um die Lärmmessung bei Windrädern. Bis diese überarbeitet werden, gelten Regeln aus dem Jahr 2011, die dieselben Grenzwerte vorschreiben.

Fakten

Der Staatsrat hat nach einer Klage von insgesamt 15 Verbänden und Vereinen Regeln zur Bestimmung der Lärmbelästigung von Windparks für unzulässig erklärt und aufgehoben. Aus formellen Gründen wurden seitens des Gerichts drei Erlasse aus den Jahren 2021, 2022 und 2023 aufgehoben. Demnach mussten Betreiber von Windparks überprüfen, ob die Lärmentwicklung ihrer Windräder den seit 2011 geltenden Vorschriften entsprechen.

Gericht bemängelt fehlende Beteiligung der Öffentlichkeit

Nach Auffassung des Gerichts hätte es zu den Erlassen vor deren Inkrafttreten zwingend eine Öffentlichkeitsbeteiligung geben müssen, da diese Auswirkungen auf die Umwelt haben.

«Diese Unregelmäßigkeit kann einen Einfluss auf die Ausgestaltung der angefochtenen Erlasse haben und hat der Öffentlichkeit die Garantie genommen, dass ihre Meinung in Bezug auf eine Handlung mit direkten und erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt berücksichtigt wird», formulierte das Gericht.

Windkraftgegner: Neue und genehmigte Windparks betroffen

Der zu den Klägern gehörende Verband Nachhaltige Umwelt (Fédération Environnement Durable FED) spricht nun von einer Aufhebung von Windkraftgenehmigungen mit einer historischen Tragweite und entscheidenden Auswirkungen auf die künftige französische Energieversorgung.

Nach Auffassung des Verbands betrifft der Gerichtsentscheid nicht bloß laufende Genehmigungsverfahren, sondern auch bereits genehmigte Windparks. Die Entwicklung von Onshore-Windparks werde nun gebremst, bis neue, gesetzeskonforme Genehmigungen und Regeln eingeführt werden. Anwohner, die sich von Windrädern gestört fühlen, hätten dadurch bessere Rechtsmittel zur Hand, argumentieren die Gegner.

Windkraftbranche: Gegner verbreiten Fake News

Der Branchenverband der erneuerbaren Energien in Frankreich (France Renouvelables) wirft den Windkraftgegnern dagegen die Verbreitung von Falschinformationen vor. Anders als behauptet drohe der Windenergienutzung in Frankreich nicht das Aus und es sei auch kein Projekt infrage gestellt worden.

«Die rechtliche Bedeutung dieses Urteils beschränkt sich einzig und allein auf die Tatsache, dass eine solche Entscheidung, nämlich das Protokoll für akustische Messungen in Onshore-Windparks, nach Anhörung der Öffentlichkeit erfolgen muss», zitiert der französische Fernsehsender TF1 Anwälte der Kanzlei Landot.

Die Entscheidung betreffe bloß einen Formfehler und stärke damit den Kritikern in der Hauptsache nicht den Rücken, erklärt auch der Branchenverband. Demnach greifen vorerst die Regelungen aus 2011, die dieselben Grenzwerte für Lärm vorsehen. In den jüngeren Erlassen sein die Abläufe der Lärmmessungen präzisiert und unabhängigen Instanzen eine größere Rolle eingeräumt worden. Zu diesem Ergebnis kommt auch eine Analyse des MDR.

Ministerium wird die Regeln wohl überarbeiten

Das Wirtschaftsministerium, das inzwischen vom Umweltministerium die Zuständigkeit für die Windenergie übernommen hat, wird sich voraussichtlich mit einer Überarbeitung der Vorschriften zur Lärmbestimmung von Windrädern an Land beschäftigen.

Dabei werden diese Onshore-Windparks in Frankreich wohl auch in Zukunft von untergeordneter Bedeutung bleiben. Angesichts seiner langen Küsten setzt Frankreich vor allem auf Windparks auf See. Bis zum Jahr 2050 will Frankreich rund 50 Offshore-Windparks auf See mit 40 Gigawatt Leistung schaffen.

(Stand: 16.4.2024)

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Autor(en): dpa

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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