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Teilweise falsch. Auch für ukrainische Autobesitzer ist eine Versicherung verpflichtend. Nur bei Fällen, in denen ein Unfallverursacher rechtswidrig unversichert ist, springt ein Entschädigungsfonds ein – unabhängig von dessen Nationalität.
Fakten
Grundsätzlich gilt auch für ukrainische Fahrzeughalter die Pflicht zur Kfz-Haftpflichtversicherung. «Das Fahren ohne gültige Versicherung ist in Deutschland nicht erlaubt. Fährt man ohne Kfz-Haftpflichtversicherung in Deutschland auf öffentlichen Straßen, begeht man eine Straftat», heißt es in einem Informationsschreiben des Bundesverkehrsministeriums für ukrainische Autofahrerinnen und -fahrer.
Wer nicht versichert ist, macht sich also strafbar. «Darüber hinaus wird man persönlich in Regress genommen, für die Schäden, die man mit seinem Fahrzeug bei Dritten verursacht», schreibt der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft.
Versicherungsschutz erhalten ukrainische Autofahrer etwa, indem sie eine sogenannte Grüne Karte bei ihrem ukrainischen Versicherer beantragen, was auch online möglich ist. Alternativ können sie auch eine sogenannte Grenzversicherung abschließen, die bis zu einem Jahr lang gilt.
Ukrainische Autobesitzer können mit diesen Formen der Versicherung ein Jahr lang nach ihrer Ankunft ohne Zulassung in Deutschland legal fahren. Danach haben sie zwei Möglichkeiten: Entweder sie lassen ihr Auto in Deutschland zu, bekommen ein deutsches Nummernschild und müssen für die Zulassung auch eine deutsche Kfz-Haftpflichtversicherung nachweisen.
Oder sie beantragen eine von Bund und Ländern geschaffene Sondergenehmigung, um weiter mit ihrem ukrainischen Kennzeichen in Deutschland fahren können. Diese Option der Sondergenehmigung wurde vor einigen Monaten verlängert – nun werden sie bis spätestens 31. März 2024 erteilt – oder so lange die Grenzversicherung gilt.
Beantragen Ukrainer die Sondergenehmigung, müssen sie bei den deutschen Behörden unter anderem eine technische Überprüfung ihres Autos und eine gültige Versicherung nachweisen.
Rechtlich ist also geregelt, dass ukrainische Fahrzeuge eine Versicherung haben, die im Fall eines Schadens zahlt. In der Praxis kann es allerdings passieren, dass einzelne Autos ukrainischer Halter sich trotzdem nicht um eine Versicherung gekümmert haben.
Verkehrsopferhilfe der Autohaftpflichtversicherer
Verursacht dann ein unversichertes ukrainisches Fahrzeug einen Unfall, zahlt das nicht die Versicherung des Geschädigten, sondern ein Entschädigungsfonds. «Für die Entschädigung ist die Verkehrsopferhilfe zuständig, eine Einrichtung der deutschen Kfz-Haftpflichtversicherer», teilte der Gesamtverband der Versicherer der Deutschen Presse-Agentur (dpa) mit. Dieser Fonds greift bei jeglichen Schäden durch nicht zu ermittelnde oder nicht versicherte Fahrzeughalter – also nicht nur, wenn ausländische oder speziell ukrainische Autos beteiligt sind.
Zwischen Anfang Juni 2022 und Ende Mai 2023 kam es bundesweit zu 341 Unfällen mit unversicherten ukrainischen Autos, im Durchschnitt gab es also 28 solche Unfälle pro Monat, teilte der Gesamtverband der Versicherer auf dpa-Anfrage mit.
Bei einer ersten Auswertung im Oktober 2022 hatte der Verband damals monatlich etwa 23 Unfälle mit unversicherten ukrainischen Autos registriert und ordnete diese Zahl als niedrig ein. Als Vergleich wurden 3,3 Millionen Schadensfälle genannt, durchschnittlich 275 000 im Monat, welche die deutschen Kfz-Haftpflichtversicherer im Jahr 2021 bearbeitet haben.
Kulanz-Regelung galt bis 31. Mai 2022
Womöglich kursiert die Fehleinschätzung auf Facebook aufgrund einer alten Kulanz-Regelung der deutschen Autoversicherer: Zwischen Anfang März und Ende Mai 2022 übernahmen die deutschen Versicherer tatsächlich die Haftpflichtschäden für unversicherte ukrainische Autos. Der Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbands bezeichnete die befristete Entscheidung als Beitrag in einer «humanitären Notlage».
Auch zuvor verbreiteten sich bereits Falschinformationen über die Nutzung von ukrainischen Autos in Deutschland: So wurde etwa die nötige Sicherheitsprüfung für ukrainische Fahrzeuge, die einige Prüfstellen kostenlos anbieten, mit dem Tüv – der Hauptuntersuchung – verwechselt.
(Stand: 18.10.2023)